Begleitmassnahmen: Ein Schlüssel zur erfolgreichen Teilnahme an Forschungsinfrastrukturen
Die Schweiz ist ein zentraler Akteur bei internationalen Forschungsinfrastrukturen. Um die Position der Schweiz zu stärken, unterstützt das Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI) diese Beteiligungen mit gezielten Begleitmassnahmen, welche technologische Innovationen und multidisziplinäre Kooperation fördern. Daraus folgen Entwicklungen, die weit über die Wissenschaft hinaus Anwendung finden.
Dank eines flexiblen Bottom-Up-Ansatzes können die geförderten Institutionen die Mittel disziplinübergreifend und bedarfsgerecht einsetzen und sich selbständig innerhalb der wissenschaftlichen Community organisieren. Eine Institution ist jeweils federführend. In der BFI-Periode 2021–2024 hat das SBFI vier Schwerpunkte gesetzt:
SKACH: Radioteleskope der nächsten Generation
Das Square Kilometre Array Observatory (SKAO) wird das weltweit grösste Radioteleskop und eröffnet durch präzise Beobachtungen neue Einblicke in die Entstehung des Universums. Seine beiden Antennennetzwerke werden derzeit in Südafrika und Australien installiert. Die ETH Lausanne koordiniert das Schweizer Konsortium SKACH, das die Zusammenarbeit von Forschung und Industrie organisiert.
Drei Massnahmen sichern die Schweizer Beteiligung: Die Positionierung von Institutionen und Unternehmen im Bau der Radioteleskope, die Unterstützung des Projektmanagements in der Schweiz und die Entwicklung von Algorithmen für die Analyse der riesigen Datenmengen. Die Speicherung und Verarbeitung der SKAO-Daten, die jährlich bis zu 600 Petabyte erreichen sollen, erfolgt an einem dezentralen Netzwerk von Rechenzentren, unter anderem am Centro svizzero di calcolo scientifico (CSCS) in Lugano.
CTAO-CH: Schweizer Beitrag zur Gammastrahlenastronomie
Das Cherenkov Telescope Array Observatory (CTAO) wird das grösste erdgebundene Observatorium für die Höchstenergie-Gammaastronomie sein wird. Die Universität Genf leitet das Schweizer Konsortium CTAO-CH und spielt eine Schlüsselrolle bei der Entwicklung der Grossteleskope sowie innovativer Kontroll- und Datenverarbeitungssysteme.
Das SBFI unterstützt drei zentrale Aktivitäten mit Massnahmen: den Bau von Teleskopen auf der kanarischen Insel La Palma und in der Atacama-Wüste in Chile, die Entwicklung eines Kontrollsystems für die Steuerung der Teleskope und die Datenverarbeitung und -speicherung, damit Schweizer Forschende Zugang auf die Daten erhalten.
CSCS: Datenzentren für die Wissenschaft von morgen
Das CSCS in Lugano ist eine Drehscheibe für die zentrale Datenverarbeitung in Projekten wie SKAO und CTAO. Dort werden die riesigen Datenmengen, die diese Observatorien produzieren, gespeichert und analysiert sowie Werkzeuge für die wissenschaftliche Forschung bereitgestellt.
Die Massnahmen des SBFI fördern die Einrichtung eines der vier externen Datenzentren für das CTAO und die Teilnahme am SKAO-Netzwerk für regionale Rechenzentren.
CHART: Innovation für Beschleunigertechnologien
Die Kollaboration «Swiss Accelerator Research and Technology» (CHART) treibt die Entwicklung von Technologien für künftige Teilchenbeschleuniger voran. Unter der Leitung des Paul Scherrer Instituts vereinen führende Schweizer Forschungseinrichtungen und Industriepartner ihre Expertise, um Hochfeldmagnete und innovative Beschleunigerkonzepte zu entwickeln, die auch in der Medizin, in Synchrotronlichtquellen und Industrie Anwendung finden.
Die CHART-Kollaboration ist fest etabliert und arbeitet beispielsweise in den Bereichen Energie und Kernfusion mit internationalen Partnern zusammen. Sie leistet einen wichtigen Beitrag zur Ausbildung hochqualifizierter Ingenieurinnen, Techniker und Forschender.
Erfolge und Ausblick
Im November 2024 präsentierte das SBFI an Forum die Ergebnisse der Begleitmassnahmen der Jahre 2021–2024. Die Teilnehmenden hoben Erfolge wie die multidisziplinäre Zusammenarbeit und technologische Innovation hervor und diskutierten Ideen zur kontinuierlichen Verbesserung. Da Forschungsinfrastrukturen über mehrere Jahrzehnte hinweg geplant, gebaut und betrieben werden, haben die Teilnehmenden auch überlegt, wie die Begleitmassnahmen ab 2029 in ein einheitliches System überführt werden könnten, um diesem Umstand besser gerecht zu werden.
Am Forum gewährten vier junge Forschende der geförderten Institutionen einen Einblick in ihre Arbeit und stellten je eine Erfolgsstory vor, welche durch die Massnahmen des SBFI ermöglicht wurde.
Die Computing-Pipeline von SKAO
Die Datenverarbeitung bei SKAO ist technologisch äussert herausfordernd, da die Radioteleskope enorme Datenmengen erzeugen. Die Daten gelangen von den Antennen über zwei Signalprozessoren in ein Netzwerk regionaler Datenzentren. Auf diesem Weg wird der Datenfluss dank spezialisierter Hard- und Software von 2 Petabit pro Sekunde auf 100 Gigabit pro Sekunde reduziert. Schweizer Universitäten entwickeln dazu skalierbare Algorithmen, die nicht nur effizient sind, sondern auch die wissenschaftliche Präzision wahren.
Das Grossteleskop LST-1 von CTAO
Der LST-1 ist der Prototyp der vier Grossteleskope von CTAO auf La Palma. Mit einem Spiegeldurchmesser von 23 Metern, bestehend aus 181 Einzelspiegeln, und einer Höhe von 45 Metern ist das Teleskop eine technische Meisterleistung. Es wiegt etwa 100 Tonnen und kann sich dank eines leistungsstarken 1-MW-Motors in nur 15 Sekunden 180 Grad schwenken. Schweizer Forschende haben das Kontrollsystem ACADA mitgestaltet. Es ermöglicht den Nutzenden, alle Subsysteme des Teleskops über eine einheitliche Schnittstelle zu steuern – von der Datenerfassung bis zur Wartung.
Datenverarbeitung für Astronomie am CSCS
Ein einzelnes Teleskop produziert zu wenig Daten, um den Supercomputer «Alps» am CSCS einzusetzen. Bei Netzwerken von Teleskopen wie SKAO und CTAO ist das hingegen gerechtfertigt. Denn sogar die bereits aufbereiteten Daten sind so gross, dass zusätzliche Analysen nur auf Supercomputern wie «Alps» erfolgen können. Erste Daten von LST-1 wurden bereits am CSCS verarbeitet. Zudem hat das CSCS ein Interface entwickelt, damit Forschende ihre wissenschaftlichen Analysen auf «Alps» durchführen können.
Entwicklung supraleitender Magnete
Die Entwicklung von Hochfeldmagneten war lange durch langsame Fertigungsprozesse und verspätetes Feedback eingeschränkt. Mit dem Einsatz von «minimal viable products» konnte das MagDev-Team von CHART die Durchlaufzeiten von supraleitenden Nb3Sn-Magneten verkürzen und arbeitet nun auf einen industriellen Fertigungsprozess hin. Zudem forscht es auch an Hochfeldmagneten aus ReBCO, einer neuartigen Klasse keramischer Hochtemperatursupraleiter. Diese Materialien ermöglichen entweder eine kostengünstigere Kühlung oder höhere Magnetfeldstärken in einem kompakteren Design.