Weltraumpolitik Raumfahrt Internationale Zusammenarbeit

Ambitionierte Schweiz im Weltraum

Über 300 Millionen Franken investiert der Bund jährlich in die Raumfahrt. Sie leistet einen wichtigen Beitrag an die Wohlfahrt und die Sicherheit in der Schweiz. Mit der «Weltraumpolitik 2023» hat der Bundesrat sein Engagement für die Raumfahrt bekräftigt und neue Akzente gesetzt.

04.08.2023
Autor/in: Kamlesh Brocard
Eine Wissenschaftlerin und ein Wissenschaftler arbeiten an Technologien für die Raumfahrt
Die Schweiz trägt mit Schlüsseltechnologien dazu bei, dass europäische Infrastrukturen global wettbewerbsfähig sind. Integration einer Satellitenstruktur für Metop Second Generation in der Schweizer Industrie. Bild: Beyond Gravity

Wir alle nutzen im Alltag Satellitenanwendungen: Sie kommen in unverzichtbaren Diensten für die Kommunikation, Navigation und Wettervorhersage zum Einsatz. Sie tragen dazu bei, die Auswirkungen von Umwelt- und Klimaveränderungen zu beschreiben und abzuschwächen, die Digitalisierung voranzutreiben und unsere Sicherheit zu verbessern. 

Dank der technologischen Fortschritte können beispielsweise die Kosten für den Transport ins Weltall gesenkt oder neue Dienste über Satellitenkonstellationen angeboten werden. Weltweit investieren sowohl die öffentliche Hand wie auch Private immer mehr in die Raumfahrt. Dadurch eröffnen sich zahlreiche Möglichkeiten, die in Technologien, neuen Projekten, unternehmerischen Initiativen und modernsten Services umgesetzt werden. Dies bringt allerdings auch Herausforderungen im Bereich der Nachhaltigkeit im Weltraum mit sich. Beispielsweise nimmt der Weltraumschrott zu, das heisst im Weltraum befinden sich immer mehr Gegenstände, die nicht mehr verwendet werden, aber trotzdem in der Erdumlaufbahn verbleiben.

Aktive Rolle des Staates im Weltraum

Beschleunigungen zeichnen sich nicht nur in der Technologie und deren Nutzung ab, sondern auch in einer wachsenden Abhängigkeit unserer Gesellschaft von Weltrauminfrastrukturen. Auch geopolitische Spannungen und Unilateralismus machen vor dem Weltraum nicht halt: Er entwickelt sich zu einem eigenen Wirkungsraum, wobei Sicherheit und Verteidigung eine immer wichtigere Rolle einnehmen.

Trotz zunehmender Privatisierung und Kommerzialisierung ist die Raumfahrt heute weiterhin in erster Linie durch staatliches Handeln geprägt, namentlich in den Bereichen Infrastrukturen und Regulierung. Dabei muss die Kommerzialisierung als ein schlankerer Ansatz für die staatliche Beschaffung und die Übertragung von Risiken vom Staat auf Unternehmen verstanden werden. Die Staaten erhöhen ihre Investitionen rasch und etablieren Handelsbarrieren, um ihren nationalen Akteuren einen Vorteil gegenüber ausländischen Wettbewerbern zu verschaffen und sie dabei zu unterstützen, institutionelle und private Aufträge aus anderen Ländern zu gewinnen. Es handelt sich um einen ähnlichen Ansatz wie er aus der Internetbranche bekannt ist und durch welchen sich Tech-Giganten quasi Monopolstellungen erarbeiten konnten. Vor diesem Hintergrund müssen sich auch Europa und die Schweiz neu ausrichten, um einerseits den autonomen Zugang zum Weltraum sowie anderseits den Zugang zu Daten und Dienstleistungen aus dem Weltraum zu wahren.

Ansicht der Erde von einem Satelliten
Weltraumbasierte Infrastrukturen dienen einer Vielzahl von Nutzerinnen und Nutzern. Sie tragen nicht nur zur Sicherheit im weitesten Sinne bei, sondern auch zur allgemeinen Wohlfahrt. Mit ihrer globalen Abdeckung liefern Satelliten die notwendigen Daten, um Trends zu erkennen und den Zustand des globalen Klimasystems zu dokumentieren. Bild: ESA

«Weltraumpolitik 2023»

Im April 2023 hat der Bundesrat die «Weltraumpolitik 2023» verabschiedet, die aktualisierte Version der bis anhin geltenden Weltraumpolitik 2008. Eine Evaluation der bisherigen Schweizer Weltraumpolitik hat gezeigt, dass viele Elemente dieser Politik dazu beigetragen haben, die Schweiz in der Raumfahrt gut zu positionieren. Die Schweiz verfügt über eine exzellente Wissenschaft und innovative Unternehmen, die hochwertige Arbeitsplätze für Ingenieurinnen und Ingenieure, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sowie weitere Fachkräfte aus verschiedenen Bereichen bieten.

Um seine weltraumpolitischen Ziele zu verwirklichen, strebt der Bundesrat eine Intensivierung der internationalen Zusammenarbeit in Europa und auf globaler Ebene an. Als Gründungsmitglied der Europäischen Weltraumorganisation (ESA) ist die Schweiz seit langem eine Raumfahrtnation. Die Schweiz beteiligt sich auch an der Europäischen Organisation für die Nutzung meteorologischer Satelliten EUMETSAT sowie am Programmteil für Satellitennavigationdes EU-Weltraumprogramms. Im multilateralen Bereich spielt die Schweiz eine aktive Rolle im Rahmen diverser Gremien der UNO, der Internationalen Fernmeldeunion ITU sowie des EU/ESA-Weltraumrats.

Die Europäische Weltraumorganisation (ESA)

  • Gründungsjahr: 1975, Schweiz als Gründungsmitglied
  • Mitglieder: Zwischenstaatliche Organisation mit 22 Mitgliedsstaaten
  • Mehr als 60 Programme in allen Bereichen der Raumfahrt
  • Budget 2023: 7,08 Mrd. Euro
  • Beitrag der Schweiz 2023: 196,1 Mio. CHF
Eine Flugwetterkarte
Auf nationaler Ebene fördert der Bund die bedürfnisgerechte Bereitstellung von Daten, Know-how und Diensten für die Bevölkerung, den kommerziellen Sektor und die Verwaltung und stärkt die Vernetzung der verschiedenen Nutzergruppen. Flugwetterkarte als Grundlage für das tägliche Briefing von Pilotinnen und Piloten. Bild: MeteoSchweiz / EUMETSAT

Ambition und strategische Stossrichtungen der «Weltraumpolitik 2023»

Der Bundesrat will auf diesen Stärken aufbauen und den neuen Chancen und Herausforderungen in der Raumfahrt Rechnung tragen. Für die kommenden Jahre formuliert der Bundesrat seine Ambition wie folgt: 

«Die Schweiz im Weltraum:

  • erhöht Wohlfahrt und Sicherheit zum Nutzen der Gesellschaft durch Ausschöpfung des Potentials der Raumfahrt;
  • erweitert die Grenzen von Wissenschaft und Technologie durch Exzellenz und Innovation und stärkt damit die Wettbewerbsfähigkeit ihrer Akteure;
  • ermöglicht durch vorausschauendes Handeln auch kommenden Generationen, die Chancen der Raumfahrt in vollem Umfang zu nutzen.

Sie gestaltet gemeinsam mit ihren Partnern die europäische und internationale Raumfahrt, sowie die globale Weltraumgouvernanz, und verfolgt ihre weltraumpolitischen Ziele mit Offenheit, Verlässlichkeit und Qualität.» Aus dieser Ambition und leitet der Bundesrat drei strategische Stossrichtungen ab, die die betroffenen Departemente in ihren Zuständigkeitsbereichen umsetzen werden:

  • Zugang und Resilienz durch gezielte Programmbeteiligungen, Beiträge zur Stärkung der nationalen Handlungsfähigkeit und Einsatz für die nachhaltige und verantwortungsvolle Nutzung des Weltraums;
  • Wettbewerbsfähigkeit und Relevanz durch wissenschaftliche Exzellenz und kompetitive Unternehmen;
  • Partnerschaft und Zuverlässigkeit in der internationalen Zusammenarbeit und gegenüber der schweizerischen Wirtschaft, der Wissenschaft und den Nutzergruppen.

Und was macht das SBFI?

Die Hochschul- und Forschungseinrichtungen sowie innovative Wirtschaftsakteure leisten wesentliche wissenschaftliche und technische Beiträge zu Weltraummissionen, insbesondere zu jenen der ESA. Damit unterstützen sie auch direkt die Forschungs- und Innovationsförderung in diesem Bereich. Die Finanzierung der Programme und Projekte ist über spezifische Instrumente und Kredite sichergestellt,namentlich über die vierjährige Botschaft des Bundesrates zur Förderung von Bildung, Forschung und Innovation (BFI-Botschaft). Der Bundesrat verfolgt dabei das Ziel, die Schweiz als international führenden Forschungs- und Innovationsstandort für Weltraum-aktivitäten sowie als weltweit führenden Standort für spezialisierte und innovative Raumfahrtunternehmen zu positionieren.

Die Schweiz gestaltet die europäische Weltraumgouvernanz aktiv mit. Die Zusammenarbeit mit europäischen Partnern bildet weiterhin den Schwerpunkt der Schweizer Raumfahrt. Darum setzt sich das SBFI in der ESA für ein autonomes und starkes Europa im Weltraum ein. Ab Juli 2023 stellt es mit Renato Krpoun, Leiter der Abteilung Raumfahrt im SBFI, den Vorsitz des ESA-Rates auf Delegiertenebene. Der Rat der ESA bestimmt die Tätigkeiten, das Programm und das Budget der Weltraumorganisation, besteht aus Vertreterinnen und Vertretern der Mitgliedstaaten und tritt nach Bedarf entweder auf Delegierten‑ oder Ministerebene zusammen. Das SBFI trägt damit dazu bei, dass die Schweiz weiterhin als vernetzte und zuverlässige Akteurin geschätzt wird.

Die Schweiz gestaltet die europäische Weltraumgouvernanz aktiv mit. Die Zusammenarbeit mit europäischen Partnern bildet weiterhin den Schwerpunkt der Schweizer Raumfahrt.

Ein Raumfahrtgesetz wird erarbeitet

Mit der «Weltraumpolitik 2023» formuliert der Bundesrat auch seine Ziele hinsichtlich eines nationalen Rechtsrahmens für die Raumfahrt. Das Eidgenössische Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung (WBF) bzw. das SBFI ist derzeit beauftragt, gemeinsam mit anderen betroffenen Departementen eine Vernehmlassungsvorlage für ein Raumfahrtgesetz vorzubereiten. Das neue Bundesgesetz wird die Weltraumverträge der UNO in nationales Recht umsetzen und für Schweizer Weltraumaktivitäten einen sicheren Rechtsrahmen schaffen. Künftig sollen Weltraumaktivitäten einer Bewilligungspflicht und Aufsicht unterstellt werden. Der Rechtsrahmen soll Rechtssicherheit bieten, die Nachhaltigkeit von Schweizer Weltraum-aktivitäten gewährleisten und zur Erhaltung und Förderung der Standortattraktivität der Schweiz sowie zur Wettbewerbsfähigkeit des Raumfahrtsektors beitragen.


Kontakt
Renato Krpoun, SBFI Leiter Abteilung Raumfahrt renato.krpoun@sbfi.admin.ch +41 58 460 58 92
Catherine Kropf, SBFI Stv. Leiterin Abteilung Raumfahrt catherine.kropf@sbfi.admin.ch +41 58 481 09 96

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