Dialog zwischen Indien und der Schweiz zur Bekämpfung antimikrobieller Resistenzen
Markus Seeger, Professor am Institut für Medizinische Mikrobiologie der Universität Zürich und Mitorganisator des «Indo-Swiss AMR Innovation Dialogue», erläutert, warum antimikrobielle Resistenzen (AMR) sofortiges Handeln erfordern, was den AMR-Dialog so einzigartig macht und wie die bilaterale Zusammenarbeit kritische Wissens- und Infrastrukturlücken schliessen kann.

Resistenzen gegen antimikrobiell wirkende Stoffe sind ein wachsendes globales Risiko: Bakterien, Pilze und andere Mikroben entwickeln sich so weiter, dass sie unsere bestehenden Medikamente überlisten und Routineinfektionen wieder tödlich werden könnten. Um diesem Problem zu begegnen, hat Swissnex in Indien zusammen mit der Universität Zürich und anderen Organisationen den zweiten indisch-schweizerischen Innovationsdialog zu AMR einberufen. Dabei handelt es sich um eine fortlaufende Initiative, die Teil der «Indo-Swiss Innovation Platform» ist und die Zusammenarbeit zwischen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, Innovatorinnen und Innovatoren sowie politischen Entscheidungsträgerinnen und -trägern aus beiden Ländern fördert.
Es wird angenommen, dass AMR eine noch grössere Gefahr für die globale öffentliche Gesundheit darstellen könnten als Krebs oder Diabetes. Warum gelten AMR als eine so dringende und unmittelbare Bedrohung?
AMR sind gefährlich, weil sie sich langsam und unauffällig ausbreiten. Anders als bei der COVID-19-Pandemie sind ihre Auswirkungen erst spürbar, wenn sie bereits weit verbreitet sind. Es wurde nur wenig in neue Antibiotika investiert, unter anderem weil Pharmaunternehmen in Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen, in denen AMR oft am deutlichsten sichtbar sind, nur wenig Gewinne erzielen können.
Doch die Resistenzen breiten sich weltweit aus, und nun gehen uns die wirksamen Medikamente aus. Anders als bei Krebs oder Diabetes sind AMR ansteckend: Bakterien und Resistenzen können von Patient zu Patient übertragen werden, insbesondere in Spitälern. Diese Übertragbarkeit in Verbindung mit dem Mangel an neuen Behandlungsmöglichkeiten und der langsamen Reaktion der zuständigen Stellen – trotz eindeutiger Warnungen – macht AMR zu einem echten Risiko für die globale Gesundheit.

Was ist das Besondere am «Indo-Swiss AMR Innovation Dialogue» und was möchten Sie damit erreichen?
Dieser Dialog zeichnet sich dadurch aus, dass er Menschen aus verschiedenen Ländern und mit unterschiedlichem beruflichem Hintergrund zusammenbringt, die sich sonst wahrscheinlich nicht begegnen würden. Es handelte sich nicht um eine weitere technische Konferenz, sondern um eine Veranstaltung, die für tiefgreifende, nachhaltige Gespräche in einem kleinen, persönlichen Rahmen konzipiert ist. Dies ermöglicht eine echte Vertrauensbildung und die Entstehung neuer Ideen.
Am deutlichsten waren die Auswirkungen innerhalb der indischen Delegation sichtbar. Viele Teilnehmende knüpften sinnvolle Kontakte, aus denen sich eine langfristige Zusammenarbeit entwickeln könnte. Wir konnten offen, ehrlich und ohne Abwehrhaltung über die Komplexität von AMR diskutieren. Wie beim Klimawandel kann auch dieses Problem nicht von einem Land allein gelöst werden. Es erfordert gemeinsame Verantwortung, Verhaltensänderungen und koordinierte Massnahmen.
Ich hoffe, dass dies nur der Anfang ist und dass sich die Plattform zu einer langfristigen Partnerschaft zwischen Indien und der Schweiz entwickelt. Eine Partnerschaft, die sich nicht nur auf den Austausch von Ideen, sondern auf die Erzielung echter, skalierbarer Ergebnisse konzentriert.
Wie kann die Zusammenarbeit zwischen Indien und der Schweiz dazu beitragen, die AMR-Krise zu bewältigen und Lösungen zu finden, von denen die ganze Welt profitieren könnte?
Die Zusammenarbeit zwischen Indien und der Schweiz im Bereich AMR bietet durch den Austausch von Wissen, Daten und Fachkenntnissen echte Vorteile. Die vertrauensvolle Partnerschaft trägt dazu bei, Perspektiven zu verändern und Praktiken zu verbessern. Eine wichtige Chance liegt in der Überwachung und Diagnostik, vor allem in Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen, denen es an Instrumenten fehlt, um aus der Sequenzierung konkrete Massnahmen abzuleiten.
Seit dem ersten AMR-Dialog im Jahr 2023 haben Prof. Adrian Egli (Universität Zürich) und Prof. Balaji Veeraraghavan (CMC Vellore) einen Austausch initiiert, der die komplementären Stärken nutzt. Diese Verbindungen vertiefen die wissenschaftliche Zusammenarbeit und können zu gemeinsamen Vorschlägen von globaler Bedeutung führen.

Gibt es Erfolgsgeschichten aus dem ersten AMR-Dialog im Jahr 2023 und der zweiten Ausgabe 2025?
Die AMR-Dialoge waren ein grosser Erfolg und boten Expertinnen und Experten aus Indien und der Schweiz Gelegenheit, sich intensiv über AMR auszutauschen. Zu den wichtigsten Ergebnissen gehören eine indische Version der Schweizer AMR-Datenbank ANRESIS, die von Dr. Shraddha Karve und Dr. Andreas Kronenberg entwickelt wurde, eine wissenschaftliche Publikation, die von Dr. Karve und Dr. Reety Arora mitverfasst wurde, sowie der laufende Austausch zwischen dem CMC Vellore und der UZH.
Dr. Maneesh Paul-Satyaseela und seine Frau stellten ausserdem zwei Reisestipendien für die Teilnahme an künftigen AMR-Dialogen in Aussicht. Diese Zusammenarbeit fördert den Wissensaustausch, die Forschung und das gegenseitige Vertrauen und legt damit den Grundstein für eine langfristige Wirkung. Für die Aufrechterhaltung der Dynamik werden künftige Finanzierungen, wie die bevorstehende bilaterale Ausschreibung des Schweizerischen Nationalfonds, von entscheidender Bedeutung sein.
Worum geht es beim «Indo-Swiss AMR Innovation Dialogue»?
Im April 2025 fand zum zweiten Mal der «Indo-Swiss AMR Innovation Dialogue» in Basel, Zürich, Bern und Genf statt. Bei dieser Veranstaltung kommen Expertinnen und Experten aus der Schweiz und Indien zusammen, um innovative Ansätze zur Bekämpfung von AMR zu diskutieren und gemeinsam Wege zur Bewältigung der Krise zu finden. Der AMR-Dialog ist Teil der «Indo-Swiss Innovation Platform», einer Initiative von Swissnex in Indien. Diese Initiative zielt darauf ab, nicht nur mehr Partnerschaften und Kooperationen zwischen Indien und der Schweiz zu ermöglichen, sondern diese auch auf sinnvollere und zielgerichtetere Weise zu fördern.
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