Nachhaltigkeit als Schlüssel für eine zukunftsfähige Industrie

Im September 2025 erschien zum 6. Mal der Technology Outlook der Schweizerischen Akademie der Technischen Wissenschaften (SATW). Diese Studie schaut auf die technologische Entwicklung und wagt Prognosen, wie die Schweiz in Bezug auf die 31 darin behandelten Technologien aufgestellt ist. Im Interview beleuchten Co-Autorin Claudia Schärer und Co-Autor Stefan Scheidegger die wichtigsten Ergebnisse.

30.09.2025
Autor/in: Daniel Dossenbach
Ein Haufen farbiger Plastiksterne.
Neue Technologien nutzen das unerwünschte CO₂ aus Industrieabgasen als Kohlenstoffquelle für die Herstellung von Kunststoffen. Dies ist ein entscheidender Schritt für das Erreichen des Netto-Null-Ziels und für eine Kohlenstoff-Kreislaufwirtschaft. Bild: Alexander Grey, Unsplash

Welches sind die Haupterkenntnisse des Technology Outlook 2025?

Claudia Schärer: Der Technology Outlook beobachtet 31 Technologien. Abgeleitet von diesen sehen wir drei Trends mit Bedeutung für die Zukunftsfähigkeit der Schweiz: Erstens, die Felder Energie und Umwelt sowie Materialien und Fertigungsverfahren gewinnen an Relevanz. Der Umgang mit Rohstoffen und umweltschädigenden Entwicklungen wird wichtiger. Zweitens, der Umgang mit CO2 wird sich stark verändern, denn Technologien, die eine Nutzung dieses Treibhausgases ermöglichen, nehmen an Fahrt auf. Drittens, in der Ausgabe 2025 sind weniger digitale Technologien vertreten. Dies ist Ausdruck dafür, dass die digitale Transformation voranschreitet. KMU haben jedoch weiterhin Schwierigkeiten, mitzuhalten und die Digitalisierung für sich zu nutzen.

Da die Schweiz selber keine Rohstoffe hat, ist es umso wichtiger, durch eine funktionierende Kreislaufwirtschaft importierte Rohstoffe im Land zu behalten. Welche der vorgestellten Technologien können dazu beitragen? Was hat Sie daran am meisten überrascht?

Stefan Scheidegger: Überrascht hat mich, mit welcher Kreativität und Konsequenz an Technologien und Verfahren geforscht wird, die zugleich die Nachhaltigkeit und die Versorgungssicherheit der Schweiz verbessern. Eine Technologie, die stellvertretend für viele Anstrengungen steht, ist das Phosphorrecycling. Würde Phosphor konsequent aus Klärschlamm und Tiermehlasche zurückgewonnen, könnte die Schweiz auf einen erheblichen Teil des importierten Phosphors verzichten. Weitere Technologien, die zur Kreislaufwirtschaft beitragen, sind Bioplastik aus Abfall, CO2-basierte Kunststoffe, aber auch Projekte an Hochschulen und in der Industrie, die Gold aus Elektronikschrott zurückgewinnen.

Porträt einer Frau mit kurzen Haaren und einem roten Hemd.

Dr. Claudia Schärer ist Projektleiterin und Co-Autorin des Technology Outlook. Bild: SATW, Aniela Lea Schafroth Photography 

Porträt eines Mannes im Anzug und verschränkten Armen.

Stefan Scheidegger ist wissenschaftlicher Mitarbeiter bei der SATW und Co-Autor des Technology Outlook. Bild: SATW, Aniela Lea Schafroth Photography

Wie gut sind wir in der Schweiz aufgestellt bezüglich Zukunftstechnologien im Bereich Nachhaltigkeit?

Stefan Scheidegger: Es ist auffällig, wie viel mehr Raum das Thema Nachhaltigkeit in diesem Technology Outlook einnimmt als bei früheren Ausgaben. Das ist ein starkes Indiz dafür, dass das Thema in der Wissenschaft und Industrie angekommen ist. Die Schweiz ist sehr stark in der Grundlagenforschung, bei der Entwicklung von Hightech- und Nischenprodukten. Sie hat aber noch viel Potenzial bei der praktischen Umsetzung und Skalierung von Erfindungen. Zentrale Herausforderungen sind dabei der Mangel an Finanzierung, fehlende oder wenig Anreize und der Fachkräftemangel, der viele Branchen betrifft.

Drei Stückchen Gold auf einem schwarzen Hintergrund.
Aus Abfall wird Gold: Mit Molke extrahiert ein Forschungsteam an der ETH Zürich Gold aus Elektronikschrott. Das Resultat: hochreine Goldnuggets. Bild: Raffele Mezzenga, ETH Zürich

Welchen Nutzen haben die Schweizer Wirtschaft und Gesellschaft von dieser Studie?

Claudia Schärer: Der hiesige Werk- und Denkplatz steht unter zunehmendem Innovationsdruck. Die Zukunftserwartungen sind so unklar wie schon lange nicht mehr. Das hat zur Folge, dass langfristiges strategisches Denken an Bedeutung gewinnt. Der Technology Outlook blickt auf die technologische Entwicklung, erklärt Zukunftstechnologien, identifiziert davon abgeleitete Trends, die Wirtschaft und Gesellschaft prägen werden, und zeigt, wo Chancen und Herausforderungen liegen. Er zeigt, wo die Reise in der Technologiewelt hingeht. So unterstützt der Technology Outlook Führungskräfte bei der strategischen Entscheidungsfindung.

Eine Person mit blauen Handschuhen hält eine große Menge Kompost oder Erde über einer Schubkarre.
Phosphorrecycling: Phosphor ist ein essenzieller Nährstoff für Pflanzen und die menschliche Ernährung. Die Rückgewinnung aus Klärschlamm, Tiermehlasche und Urin könnte die hiesige Importabhängigkeit verringern und die lokale Wertschöpfung erhöhen. Die Umsetzung verzögert sich aus politischen und wirtschaftlichen Gründen. Bild: iStock

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Daniel Dossenbach

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