Gemeinsam die Berufsbildung weiterentwickeln

Ein Selbstläufer war die Berufsbildung noch nie. Sie funktioniert, weil alle Verbundpartner ihre Verantwortung wahrnehmen und gemeinsam ein fein abgestimmtes System tragen und sich dafür engagieren. Signale aus Wirtschaft, Gesellschaft, Forschung und Politik haben die Frage aufgeworfen, ob die Attraktivität der Berufsbildung für Jugendliche und Erwachsene sowie die Unternehmen auch langfristig gewährleistet ist. Sie ist es – vorausgesetzt, die fortlaufende Modernisierung bleibt weiterhin Programm.

10.12.2025
Autor/in: Rémy Hübschi
Ein Mann im Anzug steht vor einer Holztür
Rémy Hübschi ist seit 2021 stellvertretender Direktor des Staatssekretariats für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI) und leitet die Abteilung Berufs- und Weiterbildung. Bild: Monique Wittwer

Die Berufsbildung geniesst in der Schweiz Anerkennung und wird international als gutes Beispiel hervorgehoben. Dennoch gibt es Entwicklungen, vor denen wir die Augen nicht verschliessen dürfen. Wie gelingt es uns beispielsweise, dass die Berufsbildung auch in Zukunft der meistgewählte Bildungsweg auf Sekundarstufe II bleibt? Wie können wir die höhere Berufsbildung noch besser positionieren? Was brauchen Lehrbetriebe, um bestmöglich ausbilden zu können? Um diesen Fragen auf den Grund zu gehen, hat das SBFI im Projekt «Attraktivität der Berufsbildung» im Sommer eine breit angelegte Sondierung durchgeführt. Die Ergebnisse zeigen ein klares Bild. Die Berufsbildung ist solide aufgestellt und wird allgemein geschätzt. Das ist sehr erfreulich. Gleichzeitig gibt es Punkte, wo wir hinschauen müssen:

  • Damit die Berufsbildung auch in Zukunft als attraktiv wahrgenommen und gewählt wird, müssen wir stärker auf veränderte Präferenzen und gesellschaftlichen Entwicklungen eingehen. Zielgruppenspezifische Bildungsangebote sowie weiterentwickelte Bildungsmodelle können die notwendige Flexibilität bieten.
  • Die Ausbildungsbereitschaft der Unternehmen bleibt der entscheidende Faktor. Ohne engagierte Lehrbetriebe verliert unser System seine Grundlage. Zudem bestimmt die Qualität der betrieblichen Bildung, wie zukunftsfähig Jugendliche und Erwachsene  die Berufsbildung wahrnehmen.
  • Leistungsstarke Jugendliche müssen wir gezielt ansprechen. Wenden sie sich von der Berufsbildung ab, fehlen uns in den Unternehmen langfristig praxisorientierte Fach- und Führungskräfte.
  • Und nicht zuletzt müssen die Stärken der höheren Berufsbildung klarer sichtbar gemacht werden, damit sie im Wettbewerb mit den Angeboten der Hochschulen mithalten kann. 

 

Massnahmenpaket: Die Weichen werden gestellt

Um diese Herausforderungen zielführend angehen zu können, haben wir in Abstimmung mit der Tripartiten Berufsbildungskonferenz (TBBK) sieben konkrete Massnahmen erarbeitet, die nun vom nationalen Spitzentreffen der Berufsbildung Ende November 2025 gutgeheissen worden sind. Unsere Roadmap umfasst Massnahmen, die von der Förderung der Ausbildungsbereitschaft der Unternehmen, der Optimierung der Qualität der Bildung im Lehrbetrieb bis zur Überprüfung bestehender Regulierungen reichen. Zudem soll die Berufsmaturität attraktiver und praxistauglicher werden, um die Durchlässigkeit auf die Tertiärstufe zu sichern. 

Gleichzeitig sollen Digitalisierung und KI genutzt werden, um Datenflüsse zu verbessern, den Vollzug zu erleichtern und Innovation zu fördern. Im Berufswahl- und Laufbahnprozess sollen Gleichwertigkeit und Orientierung gestärkt werden, insbesondere durch einen gut ausgebauten Berufswahlunterricht und datengestützte Informationen. Die höhere Berufsbildung soll sichtbarer und besser mit anderen Angeboten auf Tertiärstufe abgestimmt werden. Schliesslich setzt die TBBK eine Expertengruppe ein, die zentrale Grundsatzfragen prüft. Die Erkenntnisse daraus dienen als Grundlage für weitere Reformschritte.

Unsere Verantwortung für die Zukunft

Die breit angelegte Sondierung, die Spiegelung im Hearing mit der Wissenschaft und die beschlossenen Massnahmen haben sich gelohnt. Ich persönlich sehe darin eine grosse Chance. Wir haben die Expertise, die Strukturen und den Willen, die Berufsbildung nicht nur zu erhalten, sondern weiter zu stärken. Klar ist: Es braucht weiterhin die gemeinsame Verantwortung aller Verbundpartner. Die Berufsbildung bleibt dann attraktiv, wenn wir sie gemeinsam gestalten – mutig, vorausschauend und im Bewusstsein, dass sie für die Zukunft einer erfolgreichen Schweizer Wirtschaft sowie für den Berufseinstieg und das berufliche Weiterkommen der Individuen unverzichtbar ist. Daran zu arbeiten, lohnt sich.


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