Nachhaltige Entwicklung in der Berufs- und Weiterbildung

Mit wachsender Bedeutung der Nachhaltigkeit steigt das Interesse an den Auswirkungen unternehmerischen Handelns. Berufs- und Weiterbildungseinrichtungen spielen dabei eine zentrale Rolle. Um sie zu unterstützen, hat das Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI) Ende 2023 den Förderschwerpunkt «Nachhaltige Entwicklung in der Berufs- und Weiterbildung» eingeführt.

14.02.2025
Autor/in: Nicoletta Gullin
Sitzungszimmer mit mehreren Leuten, die sich gegenüber sitzen und sich austauschen.
An einem Workshop mit B Lab haben sich die Rohstoffaufbereiter/innen intensiv mit Nachhaltigkeitsthemen auseinandergesetzt. Bild: zVg

Die Wirtschaft erkennt immer mehr die Notwendigkeit, sich nachhaltig zu entwickeln, dies auch in der Berufsbildung. Das SBFI bietet Berufs- und Branchenverbänden ein umfassendes Informations- und Beratungsangebot bei Berufsrevisionen und fördert den Dialog zur Nachhaltigkeit. Mit der «Analyse- und Beratungspauschale für Nachhaltige Entwicklung in der Berufsentwicklung» erleichtert ihnen das SBFI den Zugang zu externen Beratungen zu den Nachhaltigkeitsdimensionen «Wirtschaft» und «Gesellschaft» als Ergänzung des Beratungsangebots des BAFU zu «Umwelt». Die Beratung erfolgt meist während oder kurz nach der Erarbeitung des Qualifikationsprofils. Nach der Revision sollen die Trägerschaften idealerweise eine nachhaltigkeitsorientierte Praxis in ihren Berufsfeldern umsetzen.

Nicoletta Gullin, Projektverantwortliche beim SBFI, hat drei Trägerschaften zu ihren Erfahrungen befragt. Sie nutzten 2024 die Beratung der Fachstelle B Lab für die Revisionen der Berufe Fachfrau/Fachmann Gesundheit EFZ, Chemie- und Pharmatechnolog/in EFZ sowie Rohstoffaufbereiter/in mit Fachausweis. Ihr Fazit lautet: «Nachhaltigkeit hat eine hohe Relevanz, der Austausch ist spannend».

Was hat Ihre Trägerschaft dazu motiviert, die Beratungspauschale zu beantragen?

ODA Santé: Im Gesundheitssektor ist das Bewusstsein für Nachhaltigkeit bereits hoch, da viele Tätigkeiten einen hohen Materialverbrauch und Sondermüll verursachen, etwa durch Einwegmaterialien oder Sterilgüter. Wir haben uns entschieden, neben Umweltaspekten auch soziale, wirtschaftliche und transversale Dimensionen der Nachhaltigkeit einzubeziehen und dafür Fachexpertinnen und -experten hinzugezogen.

Trägerverein Rohstoffaufbereiter: Die Themen der Nachhaltigkeit sind heute sehr relevant. Wir haben das Beratungsangebot gerne angenommen, um unsere Prozesse weiterzuentwickeln.

Trägerschaft scienceindustries und Schweizer Chemie- und Pharmaberufe Verband (SCV): Wir haben die Pauschale genutzt, um durch frühzeitige Beratung die relevanten Nachhaltigkeitsaspekte zu identifizieren. So konnten wir den Revisionsprozess der Chemie- und Pharmatechnolog/innen effizienter gestalten und von Anfang an nachhaltige Entscheidungen treffen.

Portrait von Balz Solenthaler, Geschäftsführer des Trägervereins Rohstoffaufbereiter

Balz Solenthaler ist Geschäftsführer des Trägervereins Rohstoffaufbereiter. Bild: zVg

Was war besonders positiv an der Beratung?

OdA Santé: Der Workshop mit B Lab war anfangs sehr anspruchsvoll. Wir mussten unseren Berufsalltag aus einer neuen Perspektive betrachten und die 17 Nachhaltigkeitsziele der UNO-Agenda 2030, die sogenannten Sustainable Development Goals (SDG), einbeziehen. Dieser Perspektivwechsel war jedoch äusserst wertvoll und führte zu vielen kreativen Vorschlägen. Am Ende konnten wir die Nachhaltigkeit umfassend in unseren Bildungsplan integrieren.

Rohstoffaufbereiter: Besonders interessant war für uns der begleitete Workshop mit den Berufsleuten. Er bot den Rahmen für spannende Diskussionen, in denen wir uns intensiv mit den Herausforderungen und Chancen der Nachhaltigkeit in unserer Branche auseinandersetzen konnten.

Verband Chemie- und Pharmaberufe: Für uns war der Kontakt mit der Beratungsstelle B Lab Switzerland konstruktiv und effizient. Die Zusammenarbeit hat uns geholfen, unsere Nachhaltigkeitsziele klarer zu definieren und umzusetzen.

Portrait von Sascha Bissig, Präsident der schweizerischen Kommission für Berufsentwicklung und Qualität

Sascha Bissig, Präsident der schweizerischen Kommission für Berufsentwicklung und Qualität hat den Prozess für Chemie- und Pharmatechnologinnen und -technologen EFZ begleitet. Bild: zVg

Inwiefern haben Sie neue Erkenntnisse gewonnen, um nachhaltige Entwicklung besser in der Berufsbildung zu verankern?

OdA Santé: Die Auseinandersetzung mit dem Sustainable Development Goal 5 zur Geschlechtergleichstellung, führte dazu, dass wir den Aspekt der Sexualität, speziell bei der Körperpflege von Transgender-Klientinnen und -Klienten, stärker gewichtet haben. Zudem befassten wir uns mit Machtgefällen in Teams, Datenschutz im digitalen Zeitalter und der bewussten Beziehungsgestaltung in einem von Effizienz geprägten Arbeitsalltag.

Rohstoffaufbereiter: Wir konnten zusätzliche Nachhaltigkeitsaspekte in das Qualifikationsprofil aufnehmen. Interessanterweise zeigte sich aber auch, dass bereits im bestehenden Qualifikationsprofil viele Nachhaltigkeitsaspekte enthalten sind. Wir werden von der Fachstelle B Lab noch weitere Inputs zu unseren erarbeiteten Entwürfen erhalten, die uns sicher hilfreich sein werden.

Verband Chemie- und Pharmaberufe: Wir haben bei der Revision Chemie- und Pharmatechnologin und -technologe EFZ die sozialen und wirtschaftlichen Aspekte vertieft. Sie werden derzeit in die neuen Entwürfe der Bildungserlasse integriert.

Portrait von Jean-Michel Plattner, Bereichsleiter Systempflege OdASanté

Laut Jean-Michel Plattner, Bereichsleiter Systempflege OdASanté, wird die Nachhaltigkeit umfassend in den Bildungsplan Fachfrau/Fachmann Gesundheit EFZ integriert. Bild: zVg

Fachstellen, die den Trägerschaften derzeit für eine Analyse und Beratung zur Verfügung stehen*:

*Stand 14. Februar 2025. Das SBFI ist offen für die Zusammenarbeit mit weiteren Fachstellen gemäss Merkblatt.