Massgeschneiderte Forschungs- und Innovationsförderung zur Stärkung der Zusammenarbeit mit der MENA-Region

Im Auftrag des Bundes fördert die Fachhochschule Westschweiz (HES-SO) seit 2017 die Zusammenarbeit in Bildung, Forschung und Innovation mit Partnern aus dem Mittleren Osten und Nordafrika (MENA).

27.05.2025
Autor/in: Mira Stocker
Zwei Personen stehen hinter zwei sitzenden Personen, welche eine Vereinbarung unterzeichnen
Luciana Vaccaro, Rektorin der HES-SO, und Mohamed Khalfaoui, Generalsekretär des marokkanischen Ministeriums für Hochschulbildung, wissenschaftliche Forschung und Innovation, unterzeichnen ein Memorandum of Understanding. Foto: HES-SO / LHMENA

Welche Prioritäten setzt das Leading House MENA für die neue Mandatsperiode?

Nawal Kinany: Die Priorität des Leading House für die Mandatsperiode 2025‒2028 ist die Förderung einer nachhaltigen und wirkungsvollen wissenschaftlichen Zusammenarbeit mit der Region Mittlerer Osten und Nordafrika (MENA).

Eines unserer Hauptziele ist die Entwicklung flexibler, massgeschneiderter Mechanismen zur Forschungsförderung, die auf die spezifischen Bedürfnisse der gesamten Region zugeschnitten sind. Dazu gehört auch die Unterstützung von Forschungsinitiativen zum Wiederaufbau und zur Stärkung der Resilienz in Krisengebieten. Eine weitere Priorität ist die Stärkung der Zusammenarbeit mit wichtigen regionalen Hubs, darunter beispielsweise Marokko und die Vereinigten Arabischen Emirate, durch innovationsorientierte Programme. Darüber hinaus ist die Verbesserung der Sichtbarkeit und Anerkennung der wissenschaftlichen Zusammenarbeit zwischen der Schweiz und der MENA-Region – innerhalb der akademischen Gemeinschaft und darüber hinaus – auch in der neuen Mandatsperiode ein zentrales Ziel.

Wie geht das Leading House bei der Suche und Auswahl von Partnern in seiner Schwerpunktregion vor?

Nawal Kinany: Das Leading House MENA verfolgt bei der Finanzierung von Forschungsprojekten einen Bottom-up-Ansatz, der es in der Schweiz ansässigen Forschenden ermöglicht, gemeinsam mit ihren Partnern Projektvorschläge zu Themen ihrer Wahl einzureichen. Unsere Aufgabe besteht darin, einen Rahmen zu schaffen, der die Unterstützung der vielversprechendsten Projekte ermöglicht. Dabei orientieren wir uns an folgenden Grundsätzen: wissenschaftliche Exzellenz, beidseitiges Interesse und gemeinsame Finanzierung.

Wir legen grossen Wert auf eine sorgfältige Überprüfung der Leistungsausweise und Kompetenzen der beteiligten Partner, um eine zuverlässige und effiziente Zusammenarbeit zu gewährleisten. Unser Ziel ist es, langfristige Kooperationen zu begünstigen und Beziehungen aufzubauen, die sich zu nachhaltigen, dauerhaften Partnerschaften entwickeln.

Darüber hinaus führt das Leading House regelmässig Analysen der BFI-Landschaft vor Ort durch, um die wichtigsten Institutionen und Partner für die Umsetzung spezifischer Instrumente zu identifizieren.

«Eines unserer Hauptziele ist die Entwicklung flexibler, massgeschneiderter Mechanismen zur Forschungsfinanzierung, die auf die spezifischen Bedürfnisse der gesamten Region zugeschnitten sind.»

Nawal Kinany, HES-SO

Ein Mann und eine Frau die nebeneinander sitzen und in die Kamera schauen
Nawal Kinany, Leiterin der Abteilung Programs Research & Innovation with Emerging Countries (HES-SO), und Michael Krieger, Koordinator Leading House MENA (HES-SO). Foto: HES-SO / LHMENA

Wie gestaltet sich die Zusammenarbeit mit den Partnern vor Ort?

Michael Krieger: Die Zusammenarbeit erfolgt über verschiedene Ansätze. Einerseits durch gemeinsame Forschungsprojekte, bei denen Schweizer und MENA-Institutionen im Rahmen von Finanzierungsmechanismen und gezielten Ausschreibungen wissenschaftlich zusammenarbeiten. Ausserdem fördern wir die direkte Zusammenarbeit mit lokalen Forschenden und Innovatoren durch spezifische Instrumente. Ein dritter Ansatz sind Wissenschaftsmissionen und -besuche zur Stärkung der Beziehungen und zur Abstimmung der Ziele.

Eine enge Zusammenarbeit mit den Schweizer Botschaften in den Partnerländern unterstützt darüber hinaus die logistischen und diplomatischen Aspekte der Partnerschaften.

Welche Instrumente haben sich zur Förderung der Zusammenarbeit mit der MENA-Region bewährt?

Michael Krieger: Für die Zusammenarbeit mit dieser Region haben sich zwei Arten von Instrumenten besonders bewährt: Erstens unser Hauptförderinstrument, die Research Partnership Grants. Sie bieten eine niederschwellige, flexible Finanzierung und ermöglichen den Aufbau von Kooperationen in verschiedenen Bereichen. Da die Grants jährlich ausgeschrieben werden, können die Forschende darauf zählen, wenn sie neue Kooperationsmöglichkeiten ausloten.

Zweitens bilaterale Instrumente wie das, welches wir im Rahmen des vorherigen Mandats mit Marokko umgesetzt haben. Diese Instrumente sind besonders wertvoll für den Aufbau weitreichender Verbindungen zu einem bestimmten Land, besonders in Bezug auf spezifische, für beide Seiten prioritäre Themen.

Wie arbeitet das Leading House MENA mit anderen Schweizer Hochschulen und weiteren BFI-Akteuren zusammen, um seine Ziele zu erreichen?

Nawal Kinany: Die Zusammenarbeit ist der zentrale Ansatz und wird über verschiedene Kanäle umgesetzt. Wir pflegen einen regelmässigen Austausch mit Schweizer Hochschulen und anderen Förderorganisationen, um die Finanzierung mit den institutionellen Prioritäten abzustimmen, komplementäre Vorhaben zu fördern und das Leading House MENA als wichtige Wissens- und Kontaktstelle für die wissenschaftliche Zusammenarbeit in der Region zu positionieren.

Welches war ein einschneidendes oder herausforderndes Projekt, an dem das Leading House MENA beteiligt war, und warum?

Michael Krieger: Ein wichtiger Meilenstein war die Stärkung der wissenschaftlichen Zusammenarbeit mit Marokko. Im Jahr 2022 haben das Schweizer Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI) und das Leading House zusammen mit dem marokkanischen Ministerium für Hochschulbildung, wissenschaftliche Forschung und Innovation ein Memorandum of Understanding unterzeichnet. Dies war ein wichtiger Schritt zur Formalisierung der bilateralen Zusammenarbeit. Diese Vereinbarung ermöglichte zwei bilaterale Projektausschreibungen, die den Forschenden beider Länder konkrete Finanzierungsmöglichkeiten bieten. Aus diesen Initiativen sind bereits neue Forschungspartnerschaften in Schlüsselbereichen von beiderseitigem Interesse entstanden, beispielsweise in Bildungswissenschaften oder nachhaltiger Wasserwirtschaft. Diese stärken die Rolle der Schweiz als strategischer Forschungspartner in der Region.

«Wir tragen dazu bei, den Grundstein für nachhaltige, langfristige Kooperationen mit gegenseitigem Nutzen zu legen – sei es durch gemeinsame Forschung, Innovationstransfer oder institutionellen Dialog.»

Nawal Kinany, HES-SO

Wie trägt das Leading House MENA durch seine Aktivitäten zur Förderung der Zusammenarbeit zwischen der Schweiz und anderen Ländern bei?

Nawal Kinany: Das Leading House MENA begünstigt den Aufbau von strategischen, wissenschaftsbasierten Partnerschaften zwischen der Schweiz und der MENA-Region. Durch die Vereinfachung länderübergreifender Zusammenarbeit und die Unterstützung von Initiativen, die den Prioritäten der Schweiz und der MENA-Region entsprechen, tragen wir dazu bei, den Grundstein für nachhaltige, langfristige Kooperationen mit gegenseitigem Nutzen zu legen – sei es durch gemeinsame Forschung, Innovationstransfer oder institutionellen Dialog.

Leading-House-Modell

Die Leading Houses gehören zu den Instrumenten der bilateralen Kooperationsprogramme, die der Bund 2008 ins Leben gerufen hat. Sie zielen darauf ab, die Zusammenarbeit mit nichteuropäischen Partnerländern in den Bereichen Bildung, Forschung und Innovation auszubauen. Das Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI) mandatiert ausgewählte Schweizer Hochschulen mit der Förderung der Forschungs- und Innovationszusammenarbeit mit Regionen mit hohem wissenschaftlichem Potenzial. Zu diesem Zweck entwickeln die Leading Houses Kooperationsinstrumente, die den Interessen der Schweizer Wissenschaftsgemeinschaft entsprechen. Die Leading Houses vertreten zudem die Interessen der Schweizer Wissenschaftsgemeinschaft gegenüber potenziellen ausländischen Partnern und vermitteln Kontakte und Wissen über die Region.


Kontakt
Dércio Afonso da Silva, SBFI Bilaterale Beziehungen dercio.afonsodasilva@sbfi.admin.ch +41 58 485 07 46
Leading House MENA, Fachhochschule Westschweiz HES-SO lhmena@hes-so.ch
Autor/in
Mira Stocker