Hochschulen Hochschulpolitik

Hochschulraum Schweiz: Die Koordination zwischen Bund und Kantonen zeigt positive Ergebnisse

Gemäss Artikel 63a der Bundesverfassung sollen Bund und Kantone gemeinsam für die Koordination und die Gewährleistung der Qualitätssicherung im schweizerischen Hochschulwesen sorgen. Wie das Hochschulförderungs- und -koordinationsgesetz (HFKG) diesen Auftrag umsetzt, wurde 2022 evaluiert.

18.03.2024
Autor/in: Martin Fischer
Studierende sitzen lesend vor einem Gebäude der Universität Zürich
Die Schweizer Hochschulen können in zwei Arten von gleichwertigen Einrichtungen mit unterschiedlichen Aufgaben aufgeteilt werden: die universitären Hochschulen und die Fachhochschulen. Bild: UZH / Ursula Meisser

Gemäss Artikel 69 HFKG unterbreitet der Bundesrat dem Parlament alle vier Jahre einen Evaluationsbericht über

  • die Wirksamkeit der aufgewendeten öffentlichen Mittel;
  • die Auswirkungen des Finanzierungssystems auf die Haushalte von Bund und Kantonen, auf ihre Hochschulen und deren Disziplinen;
  • die Wettbewerbsfähigkeit der Hochschulen;
  • die Beschäftigungsfähigkeit und die Tätigkeiten der Absolventinnen und Absolventen nach Abschluss des Studiums. 

Im Februar 2024 wurde diesem Auftrag zum ersten Mal Folge geleistet. In seinem Bericht zuhanden National- und Ständerat stützte sich der Bundesrat auf zwei externe Untersuchungen.

Evaluation der Koordination nach HFKG

Der auf Dokumentenanalysen und Interviews beruhende Evaluationsbericht von Interface bewertet die mit dem HFKG eingeführten gemeinsamen Organe (Abbildung) der Hochschulkoordination grundsätzlich positiv.

Grafische Darstellung der durch das HFKG eingeführten Organe in der Hochschulkoordination.
Die durch das Hochschulförderungs- und -koordinationsgesetz (HFKG) eingeführten Organe in der Hochschulkoordination.

Schweizerische Hochschulkonferenz Plenarversammlung (SHK PLV)

  • Festlegung der finanziellen Rahmenbedingungen für die gesamtschweizerische hochschulpolitische Koordination von Bund und Kantonen
  • Festlegung der Referenzkosten und der Beitragskategorien
  • Empfehlungen für die Gewährung von Stipendien und Darlehen durch die Kantone

SHK Hochschulrat (SHR)

  • Erlass von Vorschriften über Studienstufen und Durchlässigkeit, über die Anerkennung von Abschlüssen, über die Weiterbildung in Form von einheitlichen Rahmenvorschriften
  • Festlegung der Merkmale der Hochschultypen
  • Beschlussfassung über die gesamtschweizerische hochschulpolitische Koordination für den Hochschulbereich
  • Beschlussfassung über die Aufgabenteilung in besonders kostenintensiven Bereichen
  • Entscheidung über die Gewährung der projektgebundenen Bundesbeiträge

Rektorenkonferenz der Schweizer Hochschulen swissuniversities

  • Gemeinsame Strategische Mehrjahresplanung der Hochschulen
  • Antrag zur hochschulpolitischen Koordination und Aufgabenteilung in besonders kostenintensiven Bereichen
  • Unterstützung der Kooperation und Koordination unter den Hochschulen
  • Koordination der Umsetzung der Bologna-Reform
  • Informationsstelle für akademische Anerkennungsfragen (Swiss ENIC)

Schweizerischer Akkreditierungsrat (SAR)

  • Akkreditierungen von Hochschulen und Programmen 
  • Anerkennung von weiteren in- oder ausländischen Akkreditierungsagenturen

Agentur für Akkreditierung und Qualitätssicherung (AAQ)

  • Sicherung und Förderung der Qualität von Lehre und Forschung an den schweizerischen Hochschulen
  • Durchführung Akkreditierungsverfahren von Institutionen und Programmen
  • Akkreditierungsverfahren für Studiengänge der Medizin

Demnach ist die Organstruktur zwar komplex, aber mit Blick auf die Ziele des HFKG und die den Hochschulen zugesprochene hohe Autonomie angemessen. Die Organe und Strukturen seien grundsätzlich in der Lage, eine wirkungsvolle und effiziente Koordination im Hochschulraum Schweiz zu bewirken. 

Die Dreiteilung zwischen Schweizerischer Hochschulkonferenz (SHK), swissuniversities und Schweizerischer Akkreditierungsrat (SAR) entspricht den Ansprüchen des modernen Public Managements. Die Strukturen gewährleisten den Einbezug aller relevanten Akteure und sind darauf angelegt, dass Inputs sowohl «von oben» wie auch «von unten» Eingang ins System finden. Die befragten Personen sehen positive Wirkungen des Settings insbesondere bei den Rahmenbedingungen für die geforderte Lehre und Forschung von hoher Qualität. Und der Austausch zwischen den Hochschultypen (universitäre Hochschulen, Fachhochschulen, pädagogische Hochschulen) sowie das gegenseitige Vertrauen und Verständnis habe merklich gesteigert werden können.

Kantone wünschen mehr Einbezug

Demgegenüber verweist Interface auch auf punktuelles Optimierungspotenzial. Zwar habe die Anzahl politischer Organe in der Hochschulkoordination dank des HFKG reduziert und die Behandlung der Hochschultypen nach einheitlicheren Grundsätzen angegangen werden können. Dennoch beeinträchtigten weiterhin komplexe Strukturen und der gewollte Einbezug einer Grosszahl an Akteuren die Effizienz der Gremien. Auch sei die Fähigkeit zur gemeinsamen Entscheidfindung bei Fragen, in denen nicht alle Akteure vergleichbar profitierten, teilweise limitiert. Einige Kantonsvertreter und Kantonsvertreterinnen kritisierten auch die Zweiteilung der SHK in Plenarversammlung und Hochschulrat; sie wünschten grundsätzlich einen Einbezug aller Kantone in die hochschulpolitischen Geschäfte. 

Diesem Desiderat wurde zwischenzeitlich Rechnung getragen unter anderem mit der permanenten Öffnung der Fachkonferenz für alle Kantone. Schliesslich erinnern die Evaluatoren auch daran, dass die Aufgabenteilung in besonders kostenintensiven Bereichen noch anstehe. 

Evaluation des Finanzierungssystems nach HFKG

Auch der Evaluationsbericht von BSS Volkswirtschaftliche Beratung zur Finanzierung gemäss Hochschulförderungs- und -koordinationsgesetz beruht auf Dokumentenanalysen und Interviews. Es wird ein im Grundsatz positives Bild des Hochschul-Finanzierungssystems gezeichnet, das auf die Sicherstellung von Lehre und Forschung in hoher Qualität zielt. Da der Beobachtungszeitraum seit der Einführung der neuen Koordinations- und Finanzierungsbestimmungen (2017: Art. 36-44 und 47-61; 2020: Art. 50) kurz ist, könnten allerdings noch keine erhärteten Aussagen zu den Auswirkungen gemacht werden. Dennoch wird festgehalten, dass die Finanzierungslogik gemäss HFKG für die kantonalen Universitäten und Fachhochschulen einerseits einheitlich sei und anderseits deren typologische Diversität fördere. 

Auch die Finanzierung der Hochschulen über Grundbeiträge, Bauinvestitions- und Baunutzungsbeiträge sowie projektgebundene Beiträge (PgB) sei sinnvoll, weil jedes der drei Förderinstrumente ein anderes Ziel verfolge. 

Gemäss BSS Volkswirtschaftliche Beratung lag im beobachteten Rechnungsjahr 2020 gemessen an der gesamten Finanzierung die Unterstützungsquote des Bundes via Beiträge nach HFKG und Forschungsförderungsbeiträge bei den kantonalen Universitäten wie bei den Fachhochschulen bei insgesamt rund 28%.

In Bezug auf das Verteilmodell der Grundbeiträge sieht die Evaluation allfälligen Diskussionsbedarf bei der finanziellen Gewichtung von Abschlüssen im Bereich Humanmedizin und auch beim Kriterium «Projektmonate / wissenschaftliches Personal».

Erfolgreiche Integration in den Arbeitsmarkt

Was die Beschäftigungsfähigkeit und die Tätigkeiten der Absolventinnen und Absolventen betrifft, so bestätigen die Erhebungen des Bundesamts für Statistik, dass diese über alle Hochschultypen hinweg mehrheitlich erfolgreich in den Arbeitsmarkt integriert werden und ihre Erwerbsquote überdurchschnittlich hoch ist. Auch finden die Hochschulabsolventinnen und -absolventen in der Regel eine ihrer Ausbildung angemessene Beschäftigung.

Ausblick

Der im Februar 2024 vom Bundesrat verabschiedete Bericht zur Evaluation nach Art. 69 HFKG steht im zeitlichen Kontext zur Überweisung der Botschaft zur Förderung von Bildung, Forschung und Innovation in den Jahren 2025–2028.

Verschiedene von Interface und BSS Volkswirtschaftliche Beratung im Rahmen ihrer Untersuchungen vorgeschlagene Massnahmen wurden bereits angegangen. So hat die SHK beispielsweise erste Entscheide zur Aufgabenteilung in besonders kostenintensiven Bereichen getroffen. Auch die verstärkte Themenfokussierung und Stärkung der Nachhaltigkeit bei der Unterstützung von Projekten von gesamtschweizerischer Bedeutung wurde bereits adressiert. Weitere Punkte wie die Unterteilung der SHK in Hochschulrat und Plenarversammlung oder Fragen wie jene, ob die Bemessungskriterien der Grundbeiträge Anreiz schaffen für eine Erhöhung der Studierendenzahlen, sind derweil noch Gegenstand der Diskussion im Rahmen der SHK.


Kontakt
Aurélia Robert-Tissot, SBFI Wissenschaftliche Beraterin, Ressort Hochschulpolitik aurelia.robert-tissot@sbfi.admin.ch +41 58 484 49 41