Gymnasiale Maturität Bildungsraum Schweiz Nationale Zusammenarbeit

Vernehmlassung zur Weiterentwicklung der gymnasialen Maturität

Über den Sommer 2022 läuft die Vernehmlassung zur Totalrevision der Rechtsgrundlagen zur Maturitätsanerkennung sowie der Verwaltungsvereinbarung zwischen dem Bundesrat und der Schweizerischen Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren über die Ankerkennung von gymnasialen Maturitätszeugnissen.

20.06.2022
Autor/in: Samuel Zinniker
Schülerinnen und Schüler unterhalten sich im Treppenhaus
In der Schweiz gibt es über 150 Gymnasien, an denen jährlich rund 18'000 Maturandinnen und Maturanden ihr Maturitätszeugnis erlangen. Bild: Adobe Stock

Die Verantwortung für die gymnasiale Maturität nehmen der Bund und die Kantone gemeinsam wahr. Sie erlassen hierfür aufeinander abgestimmte Rechtsgrundlagen. Diese umfassen die inhaltlich identischen Maturitätsanerkennungsverordnung (MAV) des Bundesrats sowie das Maturitätsanerkennungsreglement (MAR) der Schweizerischen Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren (EDK). Verordnung und Reglement halten die Mindestanforderungen an gymnasiale Maturitätslehrgänge fest, die erfüllt sein müssen, damit ein kantonales oder kantonal anerkanntes gymnasiales Maturitätszeugnis schweizweit anerkannt wird. In der Verwaltungsvereinbarung zwischen dem Bundesrat und der EDK über die Ankerkennung von Maturitätszeugnissen regeln die beiden Partner die Koordination in diesem Bereich.

Projekt «Weiterentwicklung der gymnasialen Maturität»

Seit Inkrafttreten der Rechtsgrundlagen für die gymnasiale Maturität im Jahr 1995 hat sich das Schweizer Bildungssystem in seinem gesellschaftlichen und kulturellen Kontext tiefgreifend verändert. Einfluss auf strukturelle wie auch auf pädagogische Aspekte haben zudem sogenannte Megatrends wie die Globalisierung und Digitalisierung sowie Fragestellungen in Bezug auf eine partizipative Gesellschaft und Nachhaltigkeit. Um den daraus resultierenden Herausforderungen Rechnung zu tragen, führen der Bund und die EDK seit 2018 das Projekt «Weiterentwicklung der gymnasialen Maturität».

Massgeblich ist das Ziel von Bund und Kantonen, die anerkannte Qualität der gymnasialen Maturität schweizweit und auf lange Sicht zu sichern und den prüfungsfreien Zugang zu den universitären und pädagogischen Hochschulen über die gymnasiale Maturität sicherzustellen. Verschiedene im Bildungsbericht 2018 festgestellte Lücken und Herausforderungen werden im Projekt thematisiert und konkret angegangen. Hervorzuheben ist hier die Steigerung der Effektivität des Gymnasiums, die Bedeutung der Fächer in den Bereichen Mathematik, Informatik und Naturwissenschaft, die Studienwahl sowie die Chancengerechtigkeit.

In den Projektarbeiten wurden die relevanten Stakeholder der Gymnasialbildung mit einbezogen. Damit konnten die Anliegen der kantonalen Verwaltungen, der Rektorate, der Lehrpersonen, der Schweizerischen Maturitätskommission und der Universitäten bereits bei der Erarbeitung der Revisionsentwürfe einbezogen werden. Im Rahmen einer informellen internen Konsultation wurde bereits im Frühsommer 2021 ein erster Entwurf der neuen Anerkennungsbedingungen den Mitgliedern der Stakeholder-Gremien vorgelegt und die Rückmeldungen dazu im Anschluss analysiert.

Stossrichtungen der Weiterentwicklung

Am 5. Mai 2022 gab der Vorstand der EDK den Entwurf des MAR zur Vernehmlassung frei. Der Bundesrat eröffnete seinerseits die Vernehmlassung zur Totalrevision der MAV am 18. Mai 2022. Die Revision soll wegweisend folgende wichtige Stossrichtungen umsetzen:

Stärkung der beiden Bildungsziele der gymnasialen Maturität

Das Erlangen der persönlichen Reife für allgemeine Studierfähigkeit und vertiefte Gesellschaftsreife werden gleichermassen gestärkt. Hier liegt der Fokus insbesondere auf der Allgemeinbildung und der Wissenschaftspropädeutik.

Stärkung der Zukunftsfähigkeit der gymnasialen Ausbildung

In der Ausbildung erhalten transversale Themen wie Digitalisierung, Bildung für nachhaltige Entwicklung und politische Bildung sowie Interdisziplinarität mehr Gewicht.

Stärkung der Vergleichbarkeit der Maturitätszeugnisse

Durch die Vereinheitlichung der Minimaldauer des Gymnasiums auf vier Jahre, den erweiterten Grundlagefächerkatalog sowie die Stärkung der basalen fachlichen Kompetenzen für allgemeine Studierfähigkeit wird die Vergleichbarkeit der Abschlüsse gestärkt.

Klärung und Stärkung der Rahmenbedingungen für den gymnasialen Maturitätslehrgang

Die Übergänge von der Sekundarstufe I und in die Tertiärstufe sowie die Qualität und die Steuerung des Gymnasiums werden mit verschiedenen Massnahmen gestärkt.

Verwaltungsvereinbarung Bundesrat – EDK wird angepasst

Die Anpassung der Verwaltungsvereinbarung ist angezeigt aufgrund der Corporate-Governance-Standards des Bundes und Änderungen in der Organisation und Finanzierung der Geschäftsstelle der Schweizerischen Maturitätskommission sowie der Schaffung eines neuen «Schweizerischen Forums gymnasiale Maturität». Letzteres soll den Dialog zwischen den wichtigsten Akteuren hinsichtlich der künftigen Weiterentwicklung der gymnasialen Maturität neu gewährleisten.

Gemeinsam durchgeführte Vernehmlassung

Die Maturitätsanerkennungsverordnung und das Maturitätsanerkennungsreglement sind inhaltlich identisch. Um Doppelspurigkeiten zu vermeiden, verzichtet die EDK auf eine eigene, parallele Vernehmlassung. Dies entlastet die interessierten Kreise davon, sich zweimal mit deckungsgleichen Texten befassen und Stellung nehmen zu müssen. Bund und EDK werden die Stellungnahmen gemeinsam auswerten und die Texte von MAV und MAR finalisieren. Die Vernehmlassung dauert bis am 30. September 2022.

Auf Basis der Vorgaben gemäss Verordnung und Reglement wird auch der gesamtschweizerische Rahmenlehrplan für die Maturitätsschulen überarbeitet; für den Erlass ist die EDK zuständig. Der aktualisierte Rahmenlehrplan wird voraussichtlich 2023 in die Vernehmlassung geschickt.


Kontakt
Samuel Zinniker, SBFI Stv. Leiter Ressort Bildungsraum Schweiz samuel.zinniker@sbfi.admin.ch +41 58 483 06 54