Personenfreizügigkeit und Dienstleistungserbringung
Jährlich melden sich beim SBFI über 3000 Dienstleistungserbringerinnen und -erbringer aus den Staaten der Europäischen Union (EU) und der europäischen Freihandelsassoziation (EFTA), die in der Schweiz vorübergehend einen reglementierten Beruf ausüben möchten. Vor zehn Jahren, am 1. September 2013, wurde im Rahmen des Personenfreizügigkeitsabkommens ein vereinfachtes Meldeverfahren eingeführt.
Der Dienstleistungssektor umfasst zahlreiche Branchen, in denen Berufsleute auch über die Landesgrenzen hinaus arbeiten und Mobilität deswegen wichtig ist. Beispielsweise Bergführerinnen, die Bergtouren in mehreren Ländern anbieten, oder Bauunternehmer, die Aufträge im nahen Ausland ausführen. Wenn eine berufliche Tätigkeit reglementiert ist, das heisst, wenn deren Ausübung in der Schweiz von bestimmten Berufsqualifikationen abhängt, müssen die Berufsleute ihren Abschluss in der Schweiz anerkennen lassen. Dieses Anerkennungsverfahren dauert zwischen drei und sechs Monaten. Für Personen aus EU/EFTA-Staaten, die lediglich vorübergehend und maximal 90 Tage pro Kalenderjahr in einem reglementierten Beruf hierzulande arbeiten möchten, gibt es ein beschleunigtes Verfahren. Dieses Verfahren gilt umgekehrt auch, wenn Schweizer Staatsangehörige in EU/EFTA-Staaten arbeiten wollen. Das beschleunigte Verfahren bringt auch Kontrollmöglichkeiten für die Behörden mit sich. Da die Dienstleistungserbringerinnen und -erbringer nur kurzzeitig und ohne Aufsicht im Aufnahmestaat arbeiten, ist es wichtig zu klären, ob die Personen im Niederlassungsstaat berechtigt sind, ihren Beruf auszuüben und kein Berufsausübungsverbot vorliegt. Dies erfolgt im Rahmen einer Bescheinigung der zuständigen Behörde oder Stelle des jeweiligen Landes.
Das schweizerische Meldeverfahren in der Praxis
EU/EFTA-Staatsangehörige reichen im Online-Portal der Meldestelle des SBFI die gesetzlich verlangten Dokumente ein. Dazu zählt auch die oben genannte Bescheinigung. Die Meldestelle führt eine formale Prüfung der Dokumente durch. Hat ein reglementierter Beruf Auswirkungen auf die öffentliche Sicherheit oder Gesundheit, prüft die zuständige Anerkennungsstelle die ausländischen Berufsqualifikationen. Beispielsweise macht dies die Medizinalberufekommission (MEBEKO) für Medizinalberufe oder das Starkstrominspektorat (ESTI) im Elektroinstallationsbereich.
Das SBFI ist primär für meldepflichtige Berufe wie Bergführer/in, Wanderleiter/in, Architekt/in, Bauingenieur/in, Schneesportlehrer/in und Kosmetiker/in zuständig. Die Nachprüfung der Berufsqualifikationen orientiert sich an den Vorgaben der Richtlinie 2005/36/EG über die Anerkennung von Berufsqualifikationen, die gestützt auf das Personenfreizügigkeitsabkommen auch für die Schweiz gilt. Weichen die nachgewiesenen Berufsqualifikationen von den in der Schweiz geltenden Anforderungen zur Ausübung des entsprechenden reglementierten Berufs ab, ordnet die zuständige Behörde eine Eignungsprüfung an. Dieses verkürzte Verfahren ist in der Regel nach 30 Tagen abgeschlossen. Die Meldung muss für jedes Kalenderjahr mit einer aktuellen Bescheinigung erneuert werden.
Gut funktionierende behördliche Zusammenarbeit
Dienstleistungserbringerinnen und -erbringer aus EU/EFTA-Staaten dürfen in der Schweiz erst mit dem Nachweis tätig werden, dass sie sämtliche Voraussetzungen für die Ausübung ihres Berufes im Herkunftsstaat erfüllen. In der Praxis ist es daher wichtig, dass die behördliche Zusammenarbeit gut funktioniert. Die Meldestelle im SBFI ist täglich mit in und ausländischen Behörden und in manchen Fällen auch mit den Berufsverbänden in Kontakt. Am häufigsten findet ein Austausch mit Behörden der Nachbarstaaten Deutschland, Frankreich, Italien und Österreich statt. Auf nationaler Ebene erfolgt die Zusammenarbeit mittels Online-Portal. Das SBFI arbeitet eng mit den verschiedenen Anerkennungsstellen und den kantonalen Behörden zusammen, die für die Berufsausübung zuständig sind. Je nach Beruf sind dies die kantonalen Gesundheits- oder Arbeitsmarktbehörden.
Über 30 000 Meldungen seit 2013
Seit dem Inkrafttreten des entsprechenden Bundesgesetzes und der dazugehörigen Verordnung (Bundesgesetz über die Meldepflicht und die Nachprüfung der Berufsqualifikationen von Dienstleistungserbringerinnen und -erbringern in reglementierten Berufen) am 1. September 2013 hat das SBFI über 30 000 Meldungen erhalten. Aktuell sind 125 Berufe meldepflichtig. Am meisten Meldungen erfolgen für die Berufe Arzt/Ärztin, Bergführer/in und Elektro- installateur/in. Die Anzahl der Meldungen hängt von der jeweiligen Situation auf dem Arbeitsmarkt sowie von weiteren Faktoren ab. Wenig erstaunlich sind während der Covid-19-Pandemie weniger Meldungen eingegangen, derweil die Zahlen für das laufende Jahr wieder ansteigen. Auch ist, je nach Branche, die Zunahme der Meldungen saisonal bedingt, das zeigt sich zum Bespiel bei den Schneesportlehrerinnen und Bergführern.