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International Swiss Talent Forum: heute Ideen für morgen entwickeln

Junge Talente sind die Innovatoren von morgen. Am International Swiss Talent Forum (ISTF) erarbeiten sie kreative Lösungen für globale Herausforderungen. Etablierte Forschende sowie Unternehmerinnen und Unternehmer stellen den internationalen Teams aus verschiedenen Fachrichtungen Aufgaben. Dabei werden die Teilnehmenden von Coaches begleitet.

08.04.2024
Autor/in: Larissa Erdmann
Acht Talente posieren mit den blauen Buchstaben und Zeichen #ISTF24 und Flaggen ihrer Herkunftsländer
Das International Swiss Talent Forum wird jährlich von Schweizer Jugend forscht (SJf) ausgerichtet. Bild: SJf

Wie stellt man sicher, dass das, was man heute lernt, morgen noch relevant ist? Mit dieser Frage beschäftigten sich junge Talente aus aller Welt am diesjährigen International Swiss Talent Forum im Februar 2024 in Nottwil. Zusammen kamen gut 80 junge Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus über 30 Nationen. Der fünftägige Event wird ausgerichtet von der Stiftung Schweizer Jugend forscht (SJf).

Die Challenges

Zum Auftakt des ISTF bilden die jungen Talente interkulturelle und interdisziplinäre Teams mit dem Ziel, am Tag fünf gemeinsam Lösungen für ein globales Problem zu präsentieren. Von Spezialistinnen und Spezialisten aus Industrie und Forschung, den Challengers, erhalten die Teams ihre jeweiligen Aufgaben (Challenges). Dieses Jahr bezogen sie sich auf das Thema Learning for the Future. Die Challengers liefern nicht nur den Teams Input zu ihren oft kniffligen Problemen, sondern sie sorgen auch für eine regelmässige Dosis an spannenden Ideen und konstruktivem Feedback zu den erarbeiteten Lösungsansätzen.

Die Coaches

Auf dem Weg zu einer Lösung, die die Teams an der öffentlichen Abschlussveranstaltung vor den anderen Teilnehmenden, Gästen und Medienvertretenden präsentieren, werden sie von ihren Coaches begleitet. In den Arbeitsphasen, den Cycles, motivieren die Coaches, stehen ihren Talenten bei der Problembewältigung zur Seite und vermitteln verschiedene Methoden zur Ideenfindung. Diese helfen, kreative Ideen zu strukturieren, ein Konzept zu visualisieren oder kollaborativ eine Lösung zu finden. Die Coaches vermitteln zum Beispiel, dass Teamarbeit mehr ist als nur Aufgaben zu verteilen: Ein Team muss sich abstimmen und zusammenfinden – und nicht bloss am Ende die einzelnen Teile zusammenfügen. «Ich glaube das Allerwichtigste ist, dass sie sich bemühen, einander gut zuzuhören», sagt Coach Suzie Fuchs. Das gilt für sie in Bezug auf die fachlichen ebenso wie die kulturellen Unterschiede zwischen den Teammitgliedern. Ihr ist es wichtig, ihren Teams einen Rahmen zu geben, in dem jede und jeder sich einbringen kann. So kann aus vielen Perspektiven und Ideen eine innovative Lösung entstehen.

«Das Allerwichtigste ist, einander gut zuzuhören.»

Suzie Fuchs, Coach

Die Coaches unterstützen die Talente dabei, universelle Soft Skills zu stärken: Kritisches Denken und Konfliktbewältigung sind ebenso wichtig wie Kommunikationsfähigkeiten. Trotzdem unterscheiden sich die Coaches auch in ihren Herangehensweisen und Methoden. Zum Beispiel gehen einige auf kulturelle Unterschiede ein, andere weniger – und sie reagieren auf ihre Teams. Suzie Fuchs ist bereits seit mehreren Jahren als Coach beim ISTF dabei. Sie berichtet, dass beim Coaching auch viel von der Dynamik der einzelnen Teams abhängt, ebenso wie von den unterschiedlichen fachlichen Backgrounds und Charakteren der Talente. Am Ende des ISTF haben auch die Coaches selbst viele neue Erfahrungen gesammelt: «Ich selber nehme für mich auch Learnings mit aus den neuen Situationen oder Gruppendynamiken und auch aus Einzelgesprächen mit Teilnehmenden. Da erfahre ich mehr über ihre Backgrounds und über Bildungssysteme andernorts», sagt Suzie Fuchs. 

Die Talente stehen auf einer Treppe mit Fahnen ihrer Herkunftsländer.
Im Jahr 2024 nahmen gut 80 junge Talente aus über 30 Nationen am ISTF in Nottwil teil. Bild: SJF
Ein junger Mann mit braunen Haaren, Brille und rotem T-Shirt schreibt etwas auf ein Whiteboard.
Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer arbeiteten während des ISTF in Teams an fünf verschiedenen Problemstellungen, den sogenannten Challenges. Bild: SJf
Eine junge Frau hält ein pinkes Post-it, auf dem steht "poor educational infrastructure". Im Hintergrund sind unscharf ihre Teammitglieder zu erkennen.
Die Challenges, dieses Jahr zum Thema «Learning for the Future», behandelten beispielsweise künstliche Intelligenz oder das Klassenzimmer der Zukunft. Bild: SJf
Drei Teammitglieder lachen gemeinsam an einem Tisch. Im Hintergrund lacht ihr Coach vor einem Whiteboard.
Während die Teams an den Challenges arbeiteten, wurden sie von einem Coach unterstützt. Bild: SJf
Eine junge Frau und ein junger Mann Präsentieren auf einer Bühne mit einer Präsentation neben ihnen.
An der Abschlussveranstaltung präsentierten die Teams ihre Lösungen vor den anderen Talenten, Challengers, Gästen und Medienvertretern. Bild: SJf

Die Talente

Die Jugendlichen beim ISTF zeichnen sich durch ihre Motivation, ihre Begeisterung und ihre Offenheit aus, womit sie auch ihre Coaches beeindrucken. «Sie sind da, weil sie wollen. Es kommen sehr intelligente, motivierte, interessierte Leute», sagt Suzie Fuchs. Für die Talente bietet das ISTF eine Auswahl an aktuellen und relevanten Challenges. In diesem Rahmen bietet das ISTF neben einer guten Gelegenheit zum Netzwerken auch die Chance, einen Einblick in andere Kulturen zu gewinnen und neue Methoden zu lernen.

«Dieser Event kann dir viele neue Perspektiven eröffnen und neue Fähigkeiten vermitteln.»

Michał Żelazik, 19

Die 19-jährige Schweizerin Keelin Millard profitiert von der Gruppenarbeit und dem Austausch auf Englisch: «Ich habe Methoden gelernt, wie ich zum Beispiel im Team arbeiten kann, und es ist wirklich schön gewesen, mit Leuten auf Englisch zusammenzuarbeiten. Es war auch interessant, die verschiedenen Meinungen anzuhören und im Prozess alle mitzunehmen.» Auch der 19-jährige Michał Żelazik aus Polen hat wichtige Erfahrungen gesammelt: «Dieser Event kann dir viele neue Perspektiven eröffnen und viele neue Fähigkeiten vermitteln, die in deinem weiteren Leben entscheidend sein werden. Sehr wichtig sind beispielsweise die Teamarbeit in einem sehr breiten Umfeld und das Nachdenken über Probleme, die jetzt und in Zukunft definitiv relevant sein werden.» Fayez Zouari, 21, aus Tunesien, arbeitet mit Michał in einem Team und fügt hinzu: «Das ISTF war der perfekte Ort zum Networken und um mehr über andere Kulturen, andere Traditionen und andere Meinungen zu verschiedenen Bereichen zu erfahren.»

Keelin Millard, 19, Schweiz

Eine junge Frau im gestreiften Hemd, mit Brille und braunen Haaren in einem Pferdeschwanz, lächelt vor einer Holztreppe

«Das Internationale habe ich sehr schön gefunden. Ich liebe es, neue Kulturen zu entdecken und neue Leute aus der ganzen Welt kennenzulernen. Ich habe an der Challenge mit künstlicher Intelligenz gearbeitet. Ich kannte mich vorher nicht gut aus – abgesehen von ChatGPT – und es ist wirklich ein interessantes Thema für mich. Ich habe immer wissen wollen, wie es in der Zukunft damit ist, wie wir es im Alltag benutzen werden»

Challenge: Unlocking OpenAI and Human architecture for Equity, Equality & Ethics

Fayez Zouari, 21, Tunesien, und Michał Żelazik, 19, Polen

Zwei junge Männer posieren vor einer grauen Tür. Der eine hat dunkelbraune lockige Haare und trägt eine Brille, der andere hellbraune kurze Haare.

Michał Żelazik: «Ich finde es sehr wichtig, diese zentralen Themen in einem solch interdisziplinären, vielfältigen, multinationalen Umfeld zu bearbeiten, da es viele verschiedene Standpunkte gibt. So kann ich einiges über meine polnische, europäische Sichtweise, aber auch über andere Ansichten aus der ganzen Welt lernen.»

Fayez Zouari: «Für mich ist es sehr hilfreich, die unterschiedlichen Sichtweisen anderer Teilnehmender zu sehen. Sie geben mir einen guten Einblick in die Meinungen anderer Menschen über Bildung und über mögliche Veränderungen am Bildungssystem, um den Schülerinnen und Schülern bessere Lehrkräfte zur Verfügung zu stellen 

Challenge: Designing the Classroom of Tomorrow

Challengers: Franziska Raaflaub und Sabrina Konrad

Zwei Frauen sitzen gemeinsam an einem Tisch und lächeln

Eidgenössisches Institut für Geistiges Eigentum, Challenge: Shaping the Copyright Framework for Future Education

Franziska Raaflaub: «Wir diskutieren hier mal in einem anderen Rahmen über Urheberrecht, mit Leuten, die keine Experten sind. Wir erhalten eine komplette Aussensicht von jungen Menschen, die auch kritische Fragen stellen. Das ist sehr wertvoll für uns.»

Sabrina Konrad: «Wir haben von Anfang an deklariert, dass wir keine pfannenfertige Lösung erwarten. Sie sollen das Ganze auch geniessen. Vor allem unterstützen, das ist mir in meiner Rolle als Challenger wichtig.»

Coach: Suzie Fuchs

Eine Frau mit kurzen hellbraunen Haaren lächelt in einem Gang in einem modernen Gebäude
Bild: SJf

«Mir ist wichtig, dass die Teilnehmenden eine gute Erfahrung mit nach Hause nehmen können. Ich finde es immer wunderbar, wenn Menschen in einem Rahmen arbeiten können, wo es konstruktiv ist, wo es sicher ist, wo man sich wirklich einbringen kann, und nicht Gefahr läuft, ausgelacht oder bei einem Fehler bestraft zu werden. Und ich wünsche jedem Menschen, dass er oder sie mal in so einem Setting arbeiten kann. Am ISTF haben wir die Möglichkeit, ein solches Setting zu schaffen.»

Talentförderung am ISTF

Die Talentförderung ist eine Priorität der internationalen Bildungszusammenarbeit des Bundes. Sie erfolgt auf verschiedenen Stufen des Schweizer Bildungssystems. Dabei leistet das ISTF einen Beitrag zur Förderung junger Talente und des wissenschaftlichen Nachwuchses auf internationaler Ebene. Seit rund 15 Jahren organisiert SJf das Forum. Teilnehmen kann, wer eingeladen wurde. Aus der Schweiz sind es Finalistinnen und Finalisten des Nationalen Wettbewerbs von SJf, den Wissenschafts-Olympiaden und SwissSkills oder durch die Schweizerische Studienstiftung geförderte Talente. Die restlichen Teilnehmer kommen aus dem Ausland und haben ihren Platz durch die Teilnahme an einem Wissenschaftswettbewerb für junge Forschende ihres jeweiligen Landes erlangt. Im Zentrum steht die Zusammenarbeit interkultureller Teams. Die Teilnehmenden gehen auf eine Reise aus fünf Arbeitsphasen (Cycles): Vorbereitung, Themenanalyse, Ideenentwicklung, Konsolidierung, Präsentation und Reflektion. Dabei stehen folgende Aspekte im Vordergrund: 

  1. Ankommen, persönliche Präsentation, informeller Austausch zum Thema, Definition von Rollen, Verantwortlichkeiten und Teamregeln;
  2. Auseinandersetzung mit der Challenge in Interaktion mit dem Challenger, Definition und Eingrenzung des Problems, Auswahl an Lösungskriterien;
  3. Kreative Ideenentwicklung mit Fokus auf Quantität statt Qualität sowie Ideenkreation (Evaluation der Lösungen unter Berücksichtigung der Kriterien);
  4. Entwicklung der Kernaussage und des Narrativs für die Präsentation, Erlernen der Prinzipien für Bühnenpräsenz und -performance, Probe;
  5. Präsentation an öffentlicher Abschlussveranstaltung, Reflektion der Teamarbeit, Kommunikation und interkulturelle Kollaboration sowie Debriefing mit Challenger.

Kontakt
Claudia Lippuner, SBFI Stv. Leiterin Ressort Talentförderung claudia.lippuner@sbfi.admin.ch +41 58 463 79 84
Autor/in
Larissa Erdmann