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Berufsbildung im Wandel

Seit den 1930er-Jahren bundesrechtlich geregelt, geht die Schweizer Berufsbildung im wahrsten Sinne mit der Zeit.

30.01.2023
Autor/in: Martina Hirayama
Martina Hirayama Staatssekretärin für Bildung, Forschung und Innovation
Martina Hirayama ist seit 1. Januar 2019 Staatssekretärin für Bildung, Forschung und Innovation. Bild: Monique Wittwer

Dies veranschaulicht die vom SBFI geführte Datenbank zur Entwicklung der Berufe auf Sekundarstufe II nach Berufsbildungsgesetz: Per 1956 listet sie beispielsweise im Berufsfeld Uhren diese Ausbildungen: «Anker-Hemmungsmonteur und Ingangsetzer», «Räderwerk-, Federhaus- und Aufzugsmonteur», «Zifferblatt- und Gehäusesetzer» sowie «Uhrenmonteur». 2023 finden wir im selben Feld im Berufsverzeichnis dieselben Berufe nicht mehr. Dafür aber «Uhrenarbeiter-/in EBA», «Uhrmacher-/in EFZ» sowie «Uhrmacher-/in Produktion EFZ».

Dieser exemplarische Blick zeigt, wie sehr sich die Berufs(bildungs)welt in und mit einer sich ändernden Wirtschaftswelt entwickelt. Es war schon immer so, dass sich einmal erworbene Kompetenzen im Laufe der Zeit sozusagen entwerten. Das geschieht heute in immer rascherem Tempo. Grund dafür kann die Art der ursprünglich erworbenen Kompetenzen sein, also wenn sie ausgesprochen berufsspezifisch sind und auf Tätigkeiten fokussieren, die in einer sich wandelnden Arbeitswelt und Wirtschaft grundsätzlich nicht mehr gefragt sind. Andererseits kann die Entwertung aber beispielsweise auch von der Geschwindigkeit des technologischen und in jüngerer Zeit namentlich des digitalen Wandels beeinflusst sein; in dessen Gefolge kann ein Beruf an sich zwar noch gefragt sein, sich aber bezüglich seiner Anforderungen massgeblich umformen. 

Vor dem Hintergrund des letzteren werden die Angebote der Schweizer Berufsbildung, die beruflichen Grundbildungen und die Angebote der höheren Berufsbildungen, regelmässig unter Berücksichtigung wirtschaftlicher, technologischer und ökologischer Entwicklungen überprüft und bei Bedarf angepasst. Das ist im Berufsbildungsgesetz so verankert und ebenso, dass die Organisationen der Arbeitswelt als Träger der Berufe verantwortlich sind für die Bildungsinhalte. Das SBFI seinerseits überwacht die Revisionen und stellt dafür Grundlagendokumente wie das Handbuch Prozess der Berufsentwicklung, die Orientierungshilfe für die Ausgestaltung der Qualifikationsverfahren mit Abschlussprüfung oder die Orientierungshilfe Nachhaltige Entwicklung in der Berufsbildung zur Verfügung. Und am Schluss der einzelnen Revisionsprozesse genehmigt das SBFI die entsprechenden Verordnungen (Grundbildung) und Prüfungsordnungen (höhere Berufsbildung). Allein im zweiten Halbjahr 2022 wurden 44 neue oder revidierte Berufe genehmigt. Unter den beruflichen Grundbildungen figuriert nun neu «Entwicklerin / Entwickler digitales Business mit eidgenössischem Fähigkeitszeugnis EFZ».

Es ist davon auszugehen, dass dieser Beruf in der erwähnten Datenbank in den nächsten Jahren weiter figuriert. Andere vermutlich nicht mehr oder in anderer Bezeichnung. Aber sicher ist: Die duale Berufsbildung wird dann noch bestehen. Denn der Bund, die Kantone und vorab die Berufsverbände, Branchenorganisationen und Trägerschaften setzen sich mit grossem Engagement für sie und ihren Wandel ein.