Positionierung Höhere Fachschulen: Zwischenstand und Arbeiten
Im Rahmen des Projekts «Positionierung Höhere Fachschulen» hat das SBFI im ersten Quartal 2023 Umsetzungsvorschläge erarbeitet. Am Spitzentreffen der Berufsbildung im November 2023 wird das Eidgenössische Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung bzw. das SBFI über den Stand der Massnahmen informieren.
Mitte November 2022 haben sich Bund, Kantone und Sozialpartner am nationalen Spitzentreffen der Berufsbildung auf ein systemkonformes Massnahmenpaket zur Stärkung der höheren Fachschulen (HF) und der höheren Berufsbildung insgesamt geeinigt. Das HF-System und seine Stärken, insbesondere die hohe Arbeitsmarktorientierung, sollen erhalten bleiben und besser sichtbar gemacht werden. Dabei sollen die Lösungsansätze die gesamte höhere Berufsbildung – das heisst auch die eidgenössischen Berufs- und höheren Fachprüfungen – berücksichtigen. Ausserdem ist die Abgrenzung zu den Abschlüssen der Hochschulen sicherzustellen. Auf dieser Basis hat das SBFI in enger Abstimmung mit der Tripartiten Berufsbildungskonferenz (TBBK) in den vergangenen Monaten die Massnahmen zur Stärkung der höheren Fachschulen zügig konkretisiert. Zu den Massnahmen zählen unter anderem die Einführung eines Bezeichnungsschutzes «Höhere Fachschulen» und die Prüfung von ergänzenden Titeln für die höhere Berufsbildung «Professional Bachelor» bzw. «Professional Master».
Breiter Einbezug der Akteure
Nebst der TBBK hat das SBFI auch weitere betroffene Akteure – Vertretungen der höheren Fachschulen, Organisationen der Arbeitswelt (OdA), Kantone und Hochschulen – in den Erarbeitungsprozess einbezogen. Zum einen wurden Anfang April 2023 die Umsetzungsvorschläge anlässlich des neu geschaffenen Dialogforums «Höhere Fachschulen» den Akteuren präsentiert. Zum andern fand von April bis Mai 2023 eine Konsultation bei den Akteuren aus Berufsbildung und Hochschulen zu den beiden Vorschlägen statt. Aus systemischer Sicht nahm auch die vom SBFI eingesetzte Expertengruppe Stellung zu den Umsetzungsvorschlägen.
Systemkonforme Massnahmen zur Stärkung der höheren Fachschulen
- Institutionen stärken: Gesetzliche Verankerung eines Bezeichnungsschutzes für «Höhere Fachschule».
- Abschlüsse stärken: Prüfung von ergänzenden neuen Titeln «Professional Bachelor» bzw. «Professional Master».
- Zusammenarbeit zwischen den Akteuren der höheren Berufsbildung und den Hochschulen stärken.
- Umsetzung von Kommunikations- und Marketingmassnahmen auf verschiedenen Ebenen.
- Optimierung der Rahmenbedingungen für die Studierenden und die HF als Institution, insbesondere Überprüfung der Optimierung der heutigen öffentlichen Finanzierung der HF sowie ein besserer Einbezug der HF in die Governance der Berufsbildung.
Bezeichnungsschutz zur Stärkung von höheren Fachschulen als Institution
Heute werden lediglich die Bildungsgänge der höheren Fachschulen eidgenössisch anerkannt. Der Begriff «Höhere Fachschule» ist gesetzlich nicht geschützt.
Mit der Einführung eines Bezeichnungsschutzes soll die Sichtbarkeit der HF als Institution erhöht, die Markttransparenz verbessert und die Abgrenzung zu anderen Bildungsanbietern gestärkt werden. Der Umsetzungsvorschlag sieht vor, den Bezeichnungsschutz als weitere Rechtsfolge der Anerkennung eines Bildungsgangs zu verankern. Nur wer einen anerkannten Bildungsgang HF anbietet, soll sich künftig «Höhere Fachschule» nennen dürfen. Die Qualitätssicherung würde damit weiterhin über die Anerkennung der Bildungsgänge erfolgen. Bei Bedarf könnten die Kriterien des Anerkennungsverfahrens ergänzt werden. Von einer institutionellen Akkreditierung wird jedoch abgesehen. Weiterhin soll gemäss Konsens unter den Verbundpartnern die heutige heterogene Anbieterstruktur beibehalten werden. Mit dem Umsetzungsvorschlag wäre der Bezeichnungsschutz rasch und administrativ schlank ohne zusätzlichen Aufwand für alle Akteure umsetzbar.
Die Einführung des Bezeichnungsschutzes findet bei den Berufsbildungs- sowie Hochschulakteuren breite Zustimmung. Das SBFI prüft die in der Konsultation eingebrachten Hinweise in den weiteren Konkretisierungsarbeiten, beispielsweise die Frage des Geltungsbereichs des Bezeichnungsrechts bei Bildungsanbietern mit einem gemischten Angebot.
Prüfung von ergänzenden neuen Titeln
Die Diskussionen in den vergangenen Jahren im Projekt «Positionierung Höhere Fachschulen» haben klar gezeigt, dass die Akteure der Berufsbildung die geschützten Titel der Abschlüsse der höheren Berufsbildung sowie die englischen Titelübersetzungen vor allem im Ausland als schwer verständlich erachten. Auch transportierten die heutigen HBB-Titel die Tertiarität der Ausbildungen zu wenig. Im schweizerischen Arbeitsmarkt sind die Abschlüsse hingegen gut verankert.
Deshalb soll mit Titelzusätzen zu den geschützten Titeln in den Amtssprachen die Bekanntheit und das Ansehen aller HBB-Abschlüsse – Diplom HF sowie eidgenössische Berufsprüfungen und höhere Fachprüfungen – im In- und Ausland erhöht werden. Namentlich geht es um die Titelzusätze «Professional Bachelor» und «Professional Master», die klar aufzeigen, dass es sich um Abschlüsse auf Tertiärstufe handelt. Der in der Konsultation zur Diskussion gestellte Umsetzungsvorschlag sieht einheitliche Titelzusätze pro Abschlusstyp vor (für eidgenössische Berufsprüfung und Diplome HF: «Professional Bachelor», für eidgenössische höhere Fachprüfungen «Professional Master»). Damit folgt der Umsetzungsvorschlag der heutigen Titellogik von Bildungsabschlüssen, die keine Differenzierung von Titeln innerhalb eines Abschlusstyps vorsieht. Die Titelzusätze wären nur in Verbindung mit den heutigen HBB-Titeln in den Amtssprachen geschützt. Dadurch erfolgt eine kontrollierte Einführung der Titelzusätze und die Abgrenzung zu den Hochschulabschlüssen wird sichergestellt. Die Titelzusätze haben weiterhin keine Wirkung auf die Zulassung an die Hochschulen.
Die Konsultation hat gezeigt, dass die Einführung der Titelzusätze «Professional Bachelor» bzw. «Professional Master» von den Akteuren der Berufsbildung einstimmig gewünscht wird. Sie unterstützen den Umsetzungsvorschlag grossmehrheitlich. Dies im Wissen, dass es keine perfekte Lösung gibt. Die Hochschulakteure sind hingegen skeptisch gegenüber der Titelzusätze. Im Weiteren geht aus der Konsultation hervor, dass für die Realisierung weitere Abklärungen notwendig sind, um die verschiedenen Forderungen und Bedenken der Akteure einlösen oder zumindest beantworten zu können. Dazu zählt zum Beispiel die Frage einer allfälligen sprachlichen Differenzierung der Titelzusätze des Diploms HF und der Berufsprüfung.
Weitere Massnahmen
Nebst dem Bezeichnungsschutz und den Titelzusätzen sind am Spitzentreffen der Berufsbildung im November 2022 weitere Massnahmen zur Stärkung der höheren Fachschulen verabschiedet worden. Diese Massnahmen, welche nicht in der direkten bzw. der alleinigen Zuständigkeit des Bundes liegen, werden aktuell ebenfalls konkretisiert und umgesetzt:
- Zusammenarbeit zwischen den Akteuren der höheren Berufsbildung und den Fachhochschulen: Die Arbeiten wurden mit einem Schreiben des SBFI an die Rektorenkonferenz swissuniversities und die Konferenz HF angestossen.
- Optimierung der Rahmenbedingungen der HF:
- Der dritte Teilbericht von B,S,S. Volkswirtschaftliche Beratung zur Finanzierung der HF liegt vor und ist auf der Website des SBFI aufgeschaltet. Die Zuständigkeit für die Prüfung und Definition des weiteren Vorgehens liegt bei den Kantonen.
- Mit dem neukonzipierten Dialogforum «Höhere Fachschulen» wurde ein Gefäss für den besseren Einbezug und Berücksichtigung der Anliegen der HF geschaffen.
- Kommunikations- und Marketingmassnahmen: erfolgen nachgelagert und abgestimmt mit den übrigen Massnahmen.
Nächste Schritte
Auf Basis der Konsultationsergebnisse wird das WBF/SBFI nach den Sommerferien 2023 das weitere Vorgehen erörtern. Am Spitzentreffen der Berufsbildung im November 2023 wird das WBF/SBFI über den Stand der Umsetzung informieren und den Verbundpartnern das weitere Vorgehen zur Beratung vorgelegen.
Die Umsetzung der Massnahmen erfolgt anschliessend so rasch wie möglich unter Berücksichtigung der gesetzlichen Zuständigkeiten und entlang der politischen Entscheidungsprozesse. Je nach Massnahme ist eine Gesetzesanpassung notwendig (z.B. beim Bezeichnungsrecht/-schutz oder bei den ergänzenden Titeln). Unter Berücksichtigung des parlamentarischen Beratungsprozesses ist eine Einführung der Massnahmen frühestens im Jahr 2025 realistisch.