Die Schweiz forscht weiterhin mit an der Entwicklung neuer Kernenergiesysteme
Im Januar 2025 hat die Schweiz das Rahmenübereinkommen über die internationale Zusammenarbeit in der Forschung und Entwicklung von Kernenergiesystemen der Generation IV unterzeichnet. Damit setzt sie eine langjährige internationale Forschungszusammenarbeit fort und ermöglicht die nahtlose Weiterführung laufender Forschungsprojekte.

Das 2001 gegründete Generation IV International Forum (GIF) ist eine internationale Kooperation mit dem Ziel, die Forschung an innovativen Kernenergiesystemen der vierten Generation (Gen IV-Reaktoren) voranzutreiben, damit diese bis 2030 für den industriellen Einsatz zur Verfügung stehen. Gen IV-Reaktoren sind fortschrittliche Kernreaktortechnologien, die sich durch verbesserte Sicherheit, Nachhaltigkeit, Effizienz und Wirtschaftlichkeit auszeichnen. Sie verwenden unterschiedliche Kühlmittel und Brennstoffe, passive Sicherheitssysteme und arbeiten häufig bei höheren Temperaturen als frühere Generationen, was sie effizienter und sicherer macht. Ziel ist es, den Energiegehalt des Spaltmaterials optimal zu nutzen, die Abfallmenge zu minimieren und gleichzeitig kostengünstig Strom zu erzeugen. Die Experimente, Tests und Demonstrationen im Rahmen des GIF dienen ausschliesslich zivilen Zwecken.
Sechs verschiedene Reaktortypen
Das GIF spielt eine zentrale Rolle bei der Entwicklung von Gen IV-Reaktoren. Es koordiniert die Forschung und Entwicklung, indem es Expertinnen und Experten sowie Ressourcen aus verschiedenen Ländern zusammenbringt, um die Machbarkeit und Leistung von Gen IV-Reaktoren zu testen. Es setzt Entwicklungsziele in Bezug auf Sicherheit, Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit sowie Proliferationsresistenz. Das GIF hat sechs vielversprechende Reaktortypen für die weitere Forschung und Entwicklung ausgewählt, darunter gasgekühlte schnelle Reaktoren, bleigekühlte schnelle Reaktoren, Flüssigsalzreaktoren, natriumgekühlte schnelle Reaktoren, superkritische wassergekühlte Reaktoren und Hochtemperaturreaktoren.
Neues Abkommen ab März 2025
Das letzte internationale Rahmenübereinkommen, das den rechtlichen Rahmen für diese Zusammenarbeit bildet, läuft nach zehn Jahren Ende Februar 2025 aus und musste neu verhandelt werden. Das neue Übereinkommen ermöglicht eine nahtlose Fortsetzung der Aktivitäten ab dem 1. März 2025 und gilt vorerst bis 2035.
Die Schweiz, Frankreich, Kanada und Japan haben es am 29. Januar 2025 unterzeichnet. Die Unterzeichnungszeremonie fand am Hauptsitz der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) in Paris statt. Bereits im November 2024 hatten das Vereinigte Königreich und die USA das Abkommen unterzeichnet. Des Weiteren planen Argentinien, Australien, Brasilien, China, Südkorea, Südafrika sowie die Europäische Atomgemeinschaft (Euratom), weiterhin am GIF teilzunehmen.

Paul Scherrer Institut in Projekte involviert
Das Paul Scherrer Institut (PSI), das Schweizer Kompetenzzentrum für nukleare Energie und Sicherheit, beteiligt sich seit 2002 an den Forschungsaktivitäten des GIF und vertritt die Schweiz im GIF-Lenkungsausschuss. Neben der Bewertung bestehender Nukleartechnologien untersucht das PSI auch die Sicherheit und Leistungsfähigkeit fortschrittlicher Reaktortypen.
Im Bereich der Hochtemperaturreaktoren leitet das PSI das Projekt «Material», das sich mit der Entwicklung und Integration fortschrittlicher Werkstoffe in internationale Normen befasst. Die in diesem Projekt erstellte Materialdatenbank ist auch für andere Systeme von Interesse und wird zunehmend von der Industrie nachgefragt.
Im Bereich Flüssigsalzreaktoren (MSR) hat sich das PSI als führendes Kompetenzzentrum etabliert. Es hat als erstes Institut die Machbarkeit des «Breed and burn»-Brennstoffkreislaufs für geschmolzene Chlorid-Schnellreaktoren bestätigt. Ausserdem hat das es Simulationswerkzeuge und eine Datenbank zu Fluorid- und Chloridsalzen entwickelt.
Diese Projekte verschaffen dem Paul Scherrer Institut Zugang zu neuen Forschungsfeldern, etwa in den Bereichen Advanced Manufacturing, Hochtemperaturwerkstoffe und nichtelektrische Anwendungen der Kernenergie. Die internationale Kooperation bietet spannende Themen für Studierende und stärkt die Nachwuchsförderung. Gleichzeitig erhöht sie die Sichtbarkeit der Schweizer Forschung auf globaler Ebene.
Nutzen für die Schweiz
Die Weiterführung der Zusammenarbeit am GIF ist von zentraler Bedeutung, um die Sichtbarkeit der Schweizer Forschung in der internationalen Gemeinschaft zu gewährleisten und den Wissensaustausch zu fördern.
Darüber hinaus ist die Beteiligung des PSI an internationalen Forschungs- und Kooperationsprogrammen für den Nuklearforschungsstandort Schweiz wichtig. Sie trägt dazu bei, dass in der Schweiz das nötige Know-how für den sicheren Betrieb der bestehenden Nuklearanlagen, für die Stilllegung der Nuklearanlagen und die sichere Entsorgung der radioaktiven Abfälle sowie für fundierte Entscheide über neue Nukleartechnologien vorhanden ist.
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