25 Jahre Einsatz für den Dialog zwischen Wissenschaft und Gesellschaft
Die Stiftung Science et Cité ist seit 25 Jahren mit vielfältigen Projekten in der Deutschschweiz, der Westschweiz und im Tessin aktiv. Unterstützt durch das SBFI und im Verbund mit den Akademien der Wissenschaften Schweiz fördert sie den Dialog zwischen Wissenschaft und Gesellschaft. Geschäftsführer Philipp Burkard erklärt, warum dies wichtig ist, und gibt Einblick in aktuelle Projekte.
Die Stiftung Science et Cité setzt sich für den Dialog zwischen Wissenschaft und Gesellschaft ein. Wie tut sie das?
Wir führen in den drei Sprachregionen vielfältige und innovative Projekte für Kinder, Jugendliche und Erwachsene durch. Ihre wichtigsten Merkmale sind ein niederschwelliger Zugang und der ausgeprägte Dialogcharakter. Zudem sind wir vor allem mit dem Kongress «ScienceComm» eine Drehscheibe für die Community der Wissenschaftskommunikation in der Schweiz.
Warum ist Letzteres wichtig?
Im Zentrum steht das gemeinsame Lernen. Wir wollen die Community vernetzen und auch unsere eigenen Erfahrungen weitergeben. Nach 25 Jahren haben wir reiche Erkenntnisse gesammelt, was in der Wissenschaftskommunikation für ein breites Publikum gut funktioniert und was vielleicht weniger.
Wie hat sich Science et Cité in den letzten Jahren verändert?
Die Mission ist dieselbe geblieben, aber die Projekte haben sich teilweise stark verändert. In den Anfangszeiten hat Science et Cité zum Beispiel schweizweit grosse Science Festivals organisiert. Heute führen wir vermehrt Projekte für spezifische Zielgruppen durch. Zum Beispiel das Projekt «Skills Kiosk». Dieses Pop-up-Wissenschaftslabor ermöglicht es Kindern, die aufgrund ihres familiären Hintergrunds wenig Zugang zu Wissenschaft und ausserschulischen Förderangeboten haben, während ihrer Freizeit Wissenschaft und Technik positiv zu erleben. Solche Kinder erreichen wir durch die gezielte Wahl der Schulstandorte. Damit leisten wir einen Beitrag zur Förderung von MINT-Kompetenzen (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik) und zur Inklusion.
Wie finanziert sich die Stiftung?
Wir verfügen über eine Grundfinanzierung, die vom Bund via die Akademien der Wissenschaften Schweiz zu uns gelangt. Sie macht rund die Hälfte unseres Budgets aus. Hinzu kommen spezifische Projektmittel von den Akademien, den Hochschulen und anderen Forschungseinrichtungen sowie von Förderstiftungen. Unser Budget beträgt jährlich rund zwei Millionen Franken, damit können wir in allen Landesteilen einiges leisten.
Können Sie anhand des Projekts «ChaCha» mehr über die Entstehung eines Projektes erzählen?
Die Abkürzung «ChaCha» steht für «Game Changers for Change Agents». Als Stiftung wollten wir einen Beitrag zum Fortschritt und zum Dialog über die UNO-Ziele für nachhaltige Entwicklung (Sustainable Development Goals, SDGs) leisten. Mit dem Center for Development and Environment der Universität Bern haben wir einen tollen Partner gefunden, der mit uns das Projekt an Gymnasien und Berufsschulen umsetzt. Mit einem digitalen Rollenspiel sowie mit Forschenden und Politikerinnen und Politikern vertiefen die Schülerinnen und Schüler das Thema Klimapolitik. Unterstützt wird das Projekt vom Agora-Programm für Wissenschaftskommunikation des Schweizerischen Nationalfonds.
Philipp Burkard ist seit 2012 Geschäftsführer von Science et Cité.
Über Science et Cité
Science et Cité wurde 1998 gegründet. Auslöser war die sogenannte Genschutz-Initiative, über welche damals abgestimmt wurde. Die Stiftung sollte künftig als neutrale Schnittstelle den Dialog und damit ein Klima des gegenseitigen Vertrauens zwischen Forschenden und der Bevölkerung fördern. Science et Cité gehört seit 2012 zum Verbund der Akademien der Wissenschaften Schweiz und hat den Hauptsitz in Bern. Mit dem Réseau Romand und dem Ideatorio in Lugano hat die Stiftung weitere Standorte und beschäftigt aktuell rund 22 Mitarbeitende. Der Stiftungsrat besteht aus sieben Personen und wird von Nicola Forster präsidiert.
Was hat es mit «WuDu!» auf sich? Das Projekt richtet sich an Berufslernende. Wie ist es dazu gekommen?
Die Wissenschaftskommunikation richtet sich kaum je gezielt an Berufslernende. Sie sind nicht bildungs-, aber tendenziell wissenschaftsfern. Das wollten wir unter anderem zusammen mit der Gebert Rüf Stiftung ändern. Mit «WuDu – Wissenschaft und Du!» sind wir in den sozialen Medien unterwegs, also dort, wo sich 15- bis 21-Jährige oft aufhalten. Mit dem Instagramkanal «vierte_stock» bringen wir den Berufslernenden mittels Scientainment Wissenschaft näher und treten mit ihnen erfolgreich in einen Dialog.
Wo gibt es noch Potenzial?
Der Dialog bleibt eine permanente Herausforderung. Wir wollen immer wieder neue Zielgruppen ansprechen, beispielsweise möchten wir auch mittlere und kleinere Städte erreichen. Auch bei der sogenannten Citizen Science, bei der die Bevölkerung in vielfältigen Projekten und auf unterschiedliche Weise aktiv mitforschen kann, orte ich viel Potenzial.
Während der Covid-19-Pandemie ist das Vertrauen in die Wissenschaft leicht gestiegen, nun befindet es sich gemäss Wissenschaftsbarometer wieder auf dem gleichen Stand wie vor der Pandemie. Macht Ihnen das Sorgen?
In der Schweiz haben wir im Vergleich zu anderen Ländern zum Glück eine recht gute Situation. Aber es besteht unter anderem das Risiko der Polarisierung. Angesichts der Herausforderungen bei Themen wie Nachhaltigkeit, Medizin oder künstliche Intelligenz ist es in unserer Demokratie unerlässlich, dass der Austausch zwischen Wissenschaft und Gesellschaft gefördert wird. Regelmässig stimmen wir über Fragen ab, die einen wissenschaftlichen Hintergrund haben. Deshalb müssen wir ein Interesse daran haben, dass die Bevölkerung informiert mitdiskutieren kann.