«Der Weg für eine Stärkung der höheren Berufsbildung ist geebnet – nun liegt der Entscheid beim Parlament.»

Der Bundesrat will die Attraktivität der höheren Fachschulen und der höheren Berufsbildung insgesamt stärken. Ende April 2025 hat er die entsprechende Botschaft ans Parlament verabschiedet. Rémy Hübschi, stellvertretender Direktor des SBFI, erklärt, welche Massnahmen dieses Paket umfasst, wieso es diese braucht und wie es nun weitergeht.

13.05.2025
Autor/in: Carole Egger
Student:innen in einem Klassenzimmer
Die Titelzusätze «Professional Bachelor» und «Professional Master» sollen die höhere Berufsbildung auf Tertiärstufe sichtbarer machen und ihr gesellschaftliches Ansehen stärken.

Welche Bedeutung hat die höhere Berufsbildung für die Schweiz?

Die höhere Berufsbildung zählt zusammen mit den Hochschulen zur Tertiärstufe des Bildungssystems. Mit den eidgenössisch anerkannten Bildungsgängen an höheren Fachschulen sowie den eidgenössischen Berufs- und höheren Fachprüfungen verfügt die Schweiz über einzigartige Instrumente der beruflichen Weiterqualifizierung auf Tertiärstufe. Sie ermöglichen Personen mit Berufsabschluss und Berufserfahrung, ihre praktischen Fähigkeiten mit theoretischen Fachkenntnissen zu verbinden, und bieten aussichtsreiche Lohn- und Karrieremöglichkeiten.

Die Ausgangslage ist gut. Jedoch zeigt ein Vergleich der Abschlusszahlen auf der Tertiärstufe, dass in den letzten Jahren die Hochschulabschlüsse stärker angestiegen sind als die Abschlüsse in der höheren Berufsbildung. Zudem ist zu beobachten, dass Jugendliche und ihre Eltern den allgemeinbildenden Weg auf Sekundarstufe II mit Ziel eines Hochschulabschlusses tendenziell als erstrebenswerter erachten als eine berufliche Grundbildung. Der Wirtschaft – insbesondere den KMU – fehlen damit berufspraktisch ausgebildete Fach- und Führungskräfte. Hier gilt es Gegensteuer zu geben.

Der Bundesrat hat dem Parlament vier Massnahmen beantragt, um die Attraktivität der höheren Berufsbildung zu steigern. Um welche handelt es sich? 

Es geht darum, das gesellschaftliche Ansehen der höheren Berufsbildung zu steigern und vergleichbare Voraussetzungen auf der Tertiärstufe des Bildungssystems zu schaffen. Der Bundesrat hatte deshalb eine Motion zur besseren Positionierung der höheren Fachschulen angenommen und die Situation grundlegend prüfen lassen. Dabei wurde die gesamte höhere Berufsbildung – also auch die eidgenössischen Berufs- und höheren Fachprüfungen – berücksichtigt.

Das Ergebnis ist das nun vorliegende Massnahmenpaket. Wir sind überzeugt, dass wir die erwähnten Ziele mit dem Massnahmenpaket erreichen werden. Dieses umfasst einerseits das Bezeichnungsrecht «Höhere Fachschule», die Titelzusätze «Professional Bachelor» und «Professional Master» sowie die beiden Massnahmen Englisch als mögliche zusätzliche Prüfungssprache und Flexibilisierung der Nachdiplomstudien.

«Mit den beantragten Massnahmen wollen wir das gesellschaftliche Ansehen der höheren Berufsbildung steigern und vergleichbare Voraussetzungen auf der Tertiärstufe des Bildungssystems schaffen.»

Rémy Hübschi, stellvertretender Direktor des SBFI

Worum geht es konkret bei den vorgeschlagenen Massnahmen?

Beim Bezeichnungsrecht geht es darum, dass künftig nur noch Anbieter eidgenössisch anerkannter Bildungsgänge die Bezeichnung «Höhere Fachschule» führen dürfen. Dies soll die Sichtbarkeit dieser Bildungsinstitutionen und ihrer Bildungsgänge erhöhen.

Die Titelzusätze «Professional Bachelor» und «Professional Master» sollen die höhere Berufsbildung auf Tertiärstufe sichtbarer machen und ihr gesellschaftliches Ansehen stärken. Wichtig zu erwähnen ist, dass diese Titelzusätze in den Amtssprachen nur zusammen mit den geschützten Titeln der entsprechenden Abschlüsse verwendet werden dürfen. In Englisch dürfen sie als Teil der vereinfachten Übersetzung des geschützten Titels verwendet werden.

Bleiben wir noch bei «Professional Bachelor» und «Professional Master». Vor einigen Jahren war der Bund noch dagegen. Wieso hat er sich nun doch für diese Massnahme entschieden?

Dieser Lösung gingen langjährige Forderungen seitens der Berufsbildungsakteure sowie mehrere politische Vorstösse zur Herstellung einer Titeläquivalenz zu den Hochschulabschlüssen voraus. Nun hat man nach einem verbundpartnerschaftlich abgestützten Prozess eine Kompromisslösung gefunden: Die bewährten Titel in den Amtssprachen bleiben bestehen und stehen weiterhin im Vordergrund. Sie werden durch die Begriffe «Professional Bachelor» für die Bildungsgänge HF und die eidgenössischen Berufsprüfungen sowie «Professionale Master» für die eidgenössischen höheren Fachprüfungen ergänzt. Es sind also Titelzusätze, nicht Titel. 

Porträt von Rémy Hübschi, Stv. Direktor SBFI

Rémy Hübschi ist seit 2022 stellvertretender Direktor des Staatssekretariats für Bildung, Forschung und Innovation SBFI und leitet die Abteilung Berufs- und Weiterbildung.

Und was beinhalten die zwei anderen Massnahmen Englisch als zusätzliche Prüfungssprache sowie Flexibilisierung der Nachdiplomstudien?

Diese Massnahmen komplettieren das Massnahmepaket. Einerseits soll bei eidgenössischen Berufs- und höheren Fachprüfungen Englisch als zusätzliche Prüfungssprache möglich werden, wie es bei anderen Tertiärabschlüssen bereits der Fall ist. Die Prüfungen müssen jedoch weiterhin auch in den Amtssprachen angeboten werden. Andererseits sollen Nachdiplomstudiengänge der höheren Fachschulen künftig – wie Weiterbildungsangebote von Hochschulen und anderen Institutionen – nicht mehr vom Bund anerkannt werden und entsprechend kein Anerkennungsverfahren mehr durchlaufen müssen. So können sie flexibler und schneller den Bedürfnissen des Arbeitsmarkts angepasst werden.

Der Bundesrat hat am 30. April 2025 die Botschaft ans Parlament verabschiedet. Wie sehen die nächsten Schritte konkret aus?

Mit der Botschaft zur Teilrevision des Berufsbildungsgesetzes ist der Weg für eine Stärkung der höheren Berufsbildung geebnet – nun liegt es am Parlament, darüber zu entscheiden. Wir gehen im Moment davon aus, dass sich der Erstrat in der Herbstsession mit dem Geschäft befassen wird. Welcher Rat die Botschaft zuerst behandelt, ist noch offen. Unter Berücksichtigung des parlamentarischen Prozesses, der damit verbundenen Entscheide und der Referendumsfrist ist es realistisch, dass das revidierte Berufsbildungsgesetz im Sommer 2026 in Kraft tritt und die Massnahmen umgesetzt werden können.

Verwendung im Zusammenhang mit den geschützten Titeln in den Amtssprachen

  • Holzbau-Polier mit eidg. Fachausweis (geschützter Titel), Professional Bachelor (Titelzusatz)
  • Dipl. Sozialpädagogin HF (geschützter Titel), Professional Bachelor (Titelzusatz)
  • Logistikerin mit eidg. Diplom (geschützter Titel), Professional Master (Titelzusatz)

Verwendung im Rahmen der vereinfachten englischen Übersetzung

  • Foreman Carpenter (berufsspezifische Bezeichnung), Professional Bachelor (Titelzusatz)
  • Professional Bachelor in (Titelzusatz) Social Work (berufsspezifische Bezeichnung)
  • Senior Logistician (berufsspezifische Bezeichnung), Professional Master (Titelzusatz)

Kontakt
Carole Egger, SBFI Höhere Berufsbildung carole.egger@sbfi.admin.ch +41 58 464 90 83
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Carole Egger